Wo die wilden Kerle entscheiden
von Manuel Schmitt // 02.04.2019 13:18 // 24

Die Frauenquote existiert seit den 80er Jahren und wird seitdem mal mehr, mal weniger diskutiert. Dass wir im Jahre 2019 immer noch darüber streiten und Frauenquoten häufig weiter ignoriert werden, ist ein Hinweis darauf, dass Gleichberechtigung in den Köpfen vieler Entscheidungsträger nach wie vor – wenn überhaupt – selektiv betrieben wird.

der Fall #icom

Der Independent Comic Preis (ICOM) wurde im Mai letzten Jahres zum 25. Mal vergeben. Im Vorfeld jedoch sorgte ein Vorfall für Aufsehen. Die Autorin und Redakteurin Eve Jay war zunächst als Jurorin eingeplant, trat jedoch überraschend von ihrem Posten zurück. Der Hintergrund war eine Neubesetzung in der Jury, bei der die zweite Frau der Gruppe durch einen Mann ersetzt wurde – Eve Jay war somit die einzige weibliche Person neben drei Männern.

Als sie dieses Ungleichgewicht anmerkte, wurde ihr schnell klargemacht, dass dies kein Gegenstand zur Diskussion sei. Der gesamte Schlagabtausch, der letztendlich zur Aufgabe des Ehrenamtes durch Eve Jay führte, ist online einzusehen und durchaus lesenswert.

Woman fighting lions

Nicht ganz korrekte Darstellung des Kampfes von Eve Jay gegen ihre männlichen Jury-Mitglieder.

Denn es zeigt eine Argumentationsstrategie, die man immer wieder in ähnlichen Fällen antrifft. Zunächst wird vehement behauptet, Geschlecht habe mit den vorliegenden Entscheidungen überhaupt nichts zu tun gehabt. Anschließend wird versichert, dass man die Diversität abbilden könne, wenn schon nicht in Personal, so zumindest in den Entscheidungen, die getroffen werden (in diesem Falle die Auswahl der Gewinner*Innen). Wenn das alles nichts hilft, dann werden themenfremde Begründungen hervorgezogen, die eine Diskussion beenden sollen ("Das ist jetzt nicht der richtige Zeitpunkt").

der Fall Wikipedia

Im Laufe der letzten Wochen hat Theresa Hannig, die auch schon hier im Interview über ihren Alltag als Autorin berichtete, versucht, eine Liste der deutschen Science-Fiction-Autorinnen in der Wikipedia anzulegen. Der Hintergrund: Die Sichtbarkeit deutscher Autorinnen ist in der Wissensdatenbank im Vergleich mit den männlichen Kollegen drastisch reduziert.

Das liegt vor allem am generischen Maskulinum, welches in unserer Gesellschaft Gang und Gäbe ist: Gruppen, bestehend aus Männern, Frauen und nicht binären Personen werden unter einem männlichen Oberbegriff (Autoren) zusammengefasst. Die Folge ist eine unbewusste, erhöhte Identifikation mit dem männlichen Geschlecht – es wird zum implizierten Normalzustand, dass viele Bereiche von Männern dominiert werden.

Die Liste deutscher SF-Autoren in der Wikipedia war bis dato nicht mit einer m/f/d - Spalte versehen und konnte dementsprechend nicht danach sortiert werden. Zumindest das hat die Diskussion um die Löschung einer eigenen Liste für Science-Fiction-Autorinnen bewirken können. Doch das generische Maskulinum beherrscht weiterhin die Wikipedia.

wikifueralle

Illustration von Marco Findus Oleander Sultana (cc by-nc). http://www.markusmakes.art

Es existiert inzwischen eine Petition (#wikifueralle) zur Abschaffung des generischen Maskulinums auf Wikipedia. Falls Du ein Mann bist, stell dir doch einfach mal vor, es gäbe ein generisches Femininum und deine Berufsbezeichnung würde ausschließlich damit aufgeführt werden. Du würdest also in einer Liste von Autorinnen, Beamtinnen, Holzfällerinnen, Mechanikerinnen geführt werden. Würdest du dich dadurch angesprochen fühlen?

Zur Petition geht es hier >>

Tatsächlich liegt das Problem viel tiefer: Die Wikipedia wird zu einer großen Mehrheit von Männern gepflegt. Frauen werden generell weniger in Artikeln repräsentiert, Beiträge werden aufgrund "fehlender Relevanz" gelöscht, selbst wenn diese, wie im Falle Donna Strickland, die kurze Zeit nach der Löschung ihres Wikipedia-Eintrages den Nobelpreis verliehen bekommen hat. Übrigens ist die vorher erwähnte Diskussion um den ICOM, die in der einschlägigen Presse durchaus Erwähnung fand, in der Wikipedia nicht zu finden.

wo die Quote wichtig ist

Sowohl im Falle ICON als auch im Falle Wikipedia werden Entscheidungen von einer Gruppierung getroffen, deren Zusammensetzung nicht mit der Zusammensetzung ihrer Anhängerschaft übereinstimmt. Gerade in Bereichen wie Preisverleihungen, ehrenamtlichen Organisationen, Wissensdatenbanken, gesellschaftsrelevanten Entscheidungsprozessen oder Unternehmungen, die unsere Gesellschaft adäquat repräsentieren soll, muss darauf geachtet werden, dass Frauen und Männer quantitativ gleich aufgestellt sind.

Ich bin ein weißer, noch nicht ganz alter Mann. Ich habe eine bestimmte Sozialisierung erlebt, bestimmte Interessen ausgebildet und mir einige Kenntnisse angeeignet. Ich würde mir aber niemals anmaßen, die Sozialisierung, Interessen und Kenntnisse einer Frau, eines Ausländers in Deutschland, eines homo- oder transsexuellen Menschen so verinnerlichen zu können, dass ich deren Entscheidungsprozesse abbilden könnte.

Mit anderen Worten: Ja, wir brauchen eine Quote! Und zwar bei allem, das nicht rein ergebnisorientiert von Qualifikation abhängt (ein kapitalistisches Unternehmen braucht eher das am besten geeignete Personal, anstatt eines diversen). Überall jedoch, wo Geschmäcker, Vorlieben, Meinungen oder Interpretation eine wichtige Rolle spielen, sollte unsere Gesellschaft bestmöglich abgebildet werden. Das gilt übrigens auch für reine Frauengremien.

gelebte Diversität

In meiner Arbeit als Regisseur habe ich in den letzten Jahren die Möglichkeit gehabt, an großen Projekten mitzuarbeiten und sogar einige der Entscheidungsprozesse zu beeinflussen. In den Livestreams 2017 und 2018 durfte ich die Konzeption für das YouTube-Interview mit Angela Merkel und Martin Schulz erarbeiten. Anfang 2019 habe ich den YouTube-Auftritt auf der Münchner Sicherheitskonferenz geleitet. In beiden Projekten war ich maßgeblich am Casting beteiligt – sowohl für die Crew vor der Kamera als auch für die Crew hinter der Kamera.

Von Links nach rechts: Mihai-Alexadru Hash, Haifa Besseiso, Mirko Drotschmann, Ana Kasperian. Foto von Janosch Orlowski

Dadurch, dass die Projekte politische Themen behandeln, war es für mich absolut elementar, dass nicht nur bei den Interviewern, sondern auch bei der Redaktion im Hintergrund eine gleiche Anzahl von Frauen und Männern aufgestellt werden. Meine Erfahrung und die aller Beteiligten waren extrem positiv und es hat sich an mehreren Stellen gezeigt, dass die Entscheidung nicht nur richtig, sondern notwendig war.

Photos: Banner by Viviane Monconduit, Photo by Alexandr Ivanov, Old Photo by New Old Stock

Kommentare
ji
jim schrieb am 02.04.2019:
Ich finde wir müssen generell weg von dem denken in Geschlechtern. Eine Jury oder ein Aufsichtsrat sollte aus einer Gruppe von X kompetenten Personen bestehen.
Egal ob mit oder ohne Gehänge. Egal wie jede Person sich selbst einordnet.
Sg
SgtRumpel antwortete am 02.04.2019:
Das sehe ich eben nicht so. Kompetenz ist in bestimmten Bereichen mit Vorlieben und Geschmäckern verbunden. In einer Comic-Jury wird eine kompetente Frau wahrscheinlich anders entscheiden als ein kompetenter Mann. Da spielen persönliche Interessen mit hinein, die nachweislich unterschiedlich sind bei den Geschlechtern.

Um also eine gute Repräsentation bei Entscheidungsprozessen zu finden, wäre es durchaus begrüßenswert, wenn darauf geachtet wird, das Geschlechter nicht ein eklatantes Ungleichgewicht aufweisen.
Va
Vambiergott antwortete am 02.04.2019:
Wie klar ersichtlich "jim" deinen Beitrag nicht verstanden hat aber sehr solidarisch ein "Geschlecht sollte keine Rolle spielen" von sich gibt, weil das doch das sein muss was heutzutage alle hören wollen und man so keine Diskussion mit Feministinen oder SJWs riskiert.

Ich als Frau sehe dass wie du. Ich möchte nicht von einer Firma angestellt werden weil ich eine Frau bin, sondern weil ich die Beste für diese Position wäre. Aber bei "repräsentierten Entscheidingsprozessen" möchte ich dass diese Represäntanten genau deswegen gewählt werden. Genau diese Situationen sollte man unterscheiden wenn es um "Frauen-Quoten" geht.
Ji
Jim antwortete am 02.04.2019:
Selbstverständlich hab ich Rumpels Beitrag verstanden. Aber ich muss ihm ja nicht unbedingt in jedem Punkt zustimmen. Ich finde wir machen das Thema nicht besser, indem wir ständig mit dem Finger darauf zeigen. Wir sollten stattdessen Gleichberechtigung zur Normalität in unseren Leben machen.

Allerdings stimme ich ihm auch nicht zu bei den persönlichen Interessen. Das klingt für mich wieder nach dem alten Schubladendenken, Jungs müssen Fußballspielen und Mädchen mit Puppen spielen.
Ich kann als Mann genauso eine Vorliebe für romantischen Komödien haben.

Und genau deshalb sage ich: Nicht mehr in Geschlechtern denken.
Gerne kann ein Gremium aus Personen mit divergenten Interessen bestehen, um ein möglichst objektives Abstimmungsergebnis zu schaffen. Das hat aber nichts mit dem Geschlecht zu tun.
Sg
SgtRumpel antwortete am 02.04.2019:
Ich verstehe, was Du sagen möchtest :) Tatsache ist aber, dass es einen Unterschied zwischen Männern und Frauen gibt - einen statistischen, der vielleicht nicht Deine persönliche Einstellung widerspiegelt, die aber trotz allem existiert.

Sieh Dir die Berufs-Wahl oder die Studium-Wahl an. In bestimmten Bereichen gibt es massiven Mangel an Frauen, in anderen Bereichen an Männern. Das hängt damit zusammen, dass Männer sich GENERELL (nicht individuell!) mehr für zum Beispiel technische Berufe interessieren, während Frauen sich mehr in sozialen Berufen sehen.

Diese Unterscheidung kann man nicht einfach wegrationalisieren, genauso wenig wie den biologischen Unterschied. Und deswegen ist es wichtig, die Geschlechter und die damit zusammenhängenden Vorlieben zu berücksichtigen.
La
Laura antwortete am 02.04.2019:
Danke für den Artikel, Rumpel! Schön zu sehen, dass sich mehr und mehr Männer in diese Themen einlesen.

Ich wollte aber trotzdem was zu dieser Diskussion beitragen!

@Jim: Der Gedanke "Gleichberechtigung sollte normal sein und wird sollten nicht alles an Geschlechtern festmachen" ist zwar ein schöner Gedanke, aber leider nicht realistisch. Ich kann sehr stark das Buch "Invisible Women: Exposing Data Bias in a World Designed for Men" von Caroline Criado Perez empfehlen. Das Buch zeigt deutlich, wie unsere Gesellschaft von der Ungleichbehandlung der Geschlechter durchzogen ist und dass wir, statt das Thema wegzudenken, erst einmal verstehen müssen, wo die Ungleichbehandlung ist und wie sie sich auswirkt. Erst dann können wir dem ganzen tatsächlich entgegentreten.

@SgtRumpel: Was die Vorlieben von Männern und Frauen angeht, stimme ich dir nicht zu, da diese so stark durch Sozialisierung geprägt sind, und es noch dazu nicht einfach ist, als Frau in eine traditionelle "Männerbranche" vorzudringen, und dann auch da zu bleiben.
Sg
SgtRumpel antwortete am 02.04.2019:
@Laura Wo genau stimmst Du mir nicht zu? Dass Frauen und Männer unterschiedliche Vorlieben haben? Oder beziehst Du Dich auf das Beispiel?

Es stimmt, dass diese Vorlieben von Sozialisierung abhängen (weswegen ich gegen die typischen Rollenbilder in Kinder- und Jugendbücher bin) - ich glaube aber auch, dass die Vorlieben, die durch Sozialisierung hervorgerufen worden sind, ernst zunehmen sind. Oder anders ausgedrückt: Wenn bei Männern und Frauen statistische Unterschiede in Berufswahl und Studienplatz-Wahl nachzuweisen sind, kann man daraus durchaus auch Rückschlüsse ziehen. So etwas kann sich natürlich durch eine veränderte Sozialisation generationsübergreifend verschieben.

Du hast Recht, dass die Berufsausübung als Frau in einer Männerdomäne nicht einfach ist. Eine Studienplatz-Wahl allerdings ist meines Wissens nach frei von Hindernissen - sprich, zumindest in der Studienplatz-Wahl sind Frauen und Männern vollkommen frei. Trotzdem kann man schon dort unterschiedliche Vorlieben feststellen.
La
Laura antwortete am 02.04.2019:
Klar gibt es Statistiken dazu, dass Männer zu technischen und Frauen zu sozialen Studien/Berufen tendieren. Aber warum sieht das Ergebnis der Studie denn so aus? Es ist natürlich einfach zu sagen "Du kannst studieren was du willst", aber da steckt ja viel mehr dahinter.

Sozialisierung fängt ja praktisch bei der Geburt an. Mädchen wird suggeriert, dass sie nicht gut Mathe können (oder werden gehänselt, wenn sie gut darin sind). In vielen Berufen gibt es kaum Vorbilder für Frauen und oft sieht es so aus, als wären Frauen einfach nicht interessiert an dem Thema, aber es ist noch nicht so lange her, dass Frauen eben in diesen Berufen gar nicht arbeiten oder studieren durften. Oder dass männliche Professoren, Kollegen etc. einfach die Erfindungen ihrer weiblichen Studenten oder Kollegen unter ihrem Namen veröffentlicht haben...

Es ist super kompliziert und es gibt so viele Sachen, die ein "simples" Thema wie Berufswahl beeinflussen. Und es wird einem erst bewusst, wenn man das große Ganze betrachtet.
Ji
Jigelp antwortete am 02.04.2019:
Genauso gibt es auf der anderen Seite Lehrerinnen, die stetig erwähnen, dass sie ihr Physikstudium in einer von Männern dominierten Welt mit Bestnoten abgeschlossen haben und jetzt jedem Jungen die Schuld an ihrem verkorksten Leben geben...
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Li
Lisa Bell schrieb am 02.04.2019:
Ich bin eine Frau. Ich werde Lehrer. Das -in kann der Rat der deutschen Rechtschreibung meinetwegen gerne gänzlich streichen. Es hat mir noch nie geholfen, unendlich nerven tut es bei jeder Hausarbeit an Stellen, wo es sich nicht vermeiden lässt. Das generische Maskulinum ist eine grammatische Kategorie. Keine Ahnung, warum sich kein Mann daran stört, sich das Geschlecht mit dem Löffel teilen zu müssen. Oder, dass sich keine Frau daran stört, dass sie das Geschlecht einer Gabel haben soll.

Aber unsere Gesellschaft ist ganz groß darin, aus zwei biologisch determinierten Geschlechtern, zwischen denen es auch nicht eindeutig zu indentizifierende (biologische) Mischformen geben kann (engl. sex) und einer Vielzahl sozialer Geschlechter (engl. gender), eins zu machen und das dann noch mit dem grammatischen Geschlecht zu verrühren. Es ist aber NICHT das Gleiche, egal wie lange wir versuchen, uns das vorzugaukeln. Sonst müssten auch alle Sachen dem grammatischen Geschlecht nach sächlich sein. Sind sie aber nunmal nicht. Es gibt aber sehr wohl Substantive, die immer Menschen bezeichnen und dennoch sächlich sind (Mädchen, Kind, Ehepaar).

Die Gender-Sachliteratur ist zunächst im englischen Sprachraum entstanden, wo die sprachliche Entwicklung hin zu mehr "Repräsentation" einfacher zu bewerkstelligen ist. Die Substantive haben kein grammatisches Geschlecht, das sichtbar hervortreten würde. Berufsbezeichnungen bekommen eine neutrale Form wie etwa "camera operator". Endungen wie -or wären aber im Deutschen wenig hilfreich. Es bleibt also im Englischen ein Dilemma zwischen nur zwei Begriffen, gender und sex.

Im Deutschen gleich alle drei Dinge als Geschlecht zu bezeichnen, ist nicht nur irreführend, sondern treibt die Blüten des liguistischen Einfallsreichtums auf die Spitze. Wie schwer es ist, einen Text in einem einheitlichen Stil zu halten, sieht man oben im Artikel, wo die Realität "eines Ausländers" aus der Perspektive eines Inländers als nicht einschätzbar gewertet wird. Die (ausländischen) Frauen sollten in der Darstellungen sicher nicht ausgeblendet werden. Hätte man die Frauen davor nicht explizit erwähnt, dann wäre es kaum aufgefallen, denn noch ist das generische Maskulinum weithin akzeptiert. Durch das Einfordern von Sonderformen wird es aber undurchsichtiger. Ims Spanischen werden die Formen mit einem "x" statt o oder a vereinheitlicht und macht das Wort nahezu unaussprechlich. Es ist also kein Problem allein der deutschen Sprache. In meinen Hausarbeiten kommen Schüler und Lehrer nicht mehr vor. Ich schreibe immer nur von Lehrenden, Lernenden und Kindern, da es um die Grundschlue geht. Und es ist ein elender Krampf, sich so auszudrücken. Die Seiten mit und-Formulierungen oder Abkürzungen zu füllen, halte ich für eine noch schlechtere Lösung. Die Krönung des Absurden sind gegenderte Aufgabenstellungen in Lehwerken von Lese-Änfängern. Da lernt niemand lesen... und das macht mich regelrecht wütend, wenn Kindern ein System aufgepresst wird, das sie am Lernerfolg hindert.

Wenn man jetzt Jurys halb männlich und halb weiblich besetzt, dann wird das in manchen Fällen auf die Kompetenz durchschlagen. Sportwagen des Jahres? Es fahren wohl mehr Männer diesen Fahrzeug-Typ als Frauen, laut Handelsblatt waren 2013 etwa 11% der Neuzulassungen von Prosche an Frauen. Auch studieren mehr Männer in den entsprechenden Studiengängen bzw. machen Ausbildungen, um später eine Expertise über Sportwagen abgeben zu können. Genau ungekehrt verhält es sich wohl bei Florist(inn)en. Natürlich gibt es kompetente Automobil-Ingeneurinnen und Floristen, aber sie machen nicht die Hälfte des Berufsstandes aus. Sollten sie also in Jurys entgegen der tatsächlichen Verteilung überrepräsentiert werden?

Männer und Frauen (und alles dazwischen) sind nicht gleich, nur gleichwertig, da wir alle Menschen sind. Jetzt überall, wo Entscheidungen getroffen werden, Geschlechterquoten einzuführen, halte ich für falsch. Wir haben in unseren Land zum Glück die Wahlfreiheit über unseren Lebensweg. Aber etwa das Wahlsystem in Brandenburg, dass demnächst die Hälfte der Abgeordneten im Landtag weiblich sein muss, halte ich für katastrophal. Die Prozentzahl der Menschen, die sich politisch engagieren (im Sinne von für die Wahl aufstellen lassen), unterscheidet sich nach (biologischen) Geschlecht. Frauen sind - im Schnitt - weniger daran interessiert, diesen Job auszufüllen. Wieso sollen also die relativ wenigen Bewerberinnen so viele Plätze bekommen, wie die zahlreichen Bewerber. Das ist eine Verzerrung. Abgesehen davon, sind Frauen, die sich zur Wahl stellen auch nicht der Durchschnitt der Frauen. Sie Repräsentieren nicht nur Frauen, sondern alle Bürger, die für sie die Stimme abgegeben haben.

Wenn wir die Geschlechterquote (egal ob nach biologischen oder sozialen) einführen, hab ich keine Ahnung, wie das d für diverse noch eingereiht werden soll. Und fängt man mit Quotenregelungen für Entscheider an, dann haben wir auch bald eine Quote für Ostdeutsche und Westdeutsche und eine für Migraten, dass sich da keiner unterrepräsentiert fühlt.

Das Buch von Theresa Hannig habe ich gelesen und es hat mir gefallen. Dass es aber eine seperate Liste für Autorinnen im Sci-Fi-Bereich geben muss oder dass Wikipedia das generische Maskulinum abschaffen soll, halte ich für mehr als fragwürdig. Wikipedia-Texte würden sich unnötig verlängern, wenn die Artikel kurz und bündig sein sollen. Und für den Sci-Fi-Bereich sei die Gegenfrage gestattet, ob (männliche) Autoren von romantischen Mittelalterromanen auch eine eigene Liste haben. Man kann viele Listen schreiben, aber im Grunde macht auch das alles nur umständlicher und komplizierter. Außerdem schürt es das Denken im Adam-Eva-Prinzip, von denen nicht-binäre Menschen besonders wollen, dass es endlich obsolet wird.

Entscheidungen, egal welche, sollten immer nur von Kompetenten getroffen werden. Sich kompetent zu machen, ist die eigentliche Aufgabe eines Entscheiders, egal ob an der Wahlurne oder in der Jury zum Literaturpreis. Kompetenz von außen zu bestimmen, ist zugegeben schwierig, aber Kompetenz mit sekundären Kriterien wie Herkunft, Geschlecht usw. zu verwässern, schürt immer den Konflikt für die Zukunft. Werden heute Frauen mit Quoten übervorteilt, haben sie morgen einen Grund sich über die Wettbewerbsverzerrung zu beschweren. Und das zu recht. Quoten schaffen nur neue Probleme statt welche zu lösen. Das soll kein Freifahrtschein für Sexismus sein, aber Gleichberechtigung unter Toleranz der Unterschiede muss eine gelebte Kultur sein, nicht aufdiktierte Regel. Bis diese Kultur gelebte Praxis ist, mag lange auf sich warten lassen oder an manchen Orten leider nie eintreten, aber erzwingen lässt sie sich nicht.


https://www.handelsblatt.com/auto/nachrichten/statistik-immer-mehr-frauen-besitzen-einen-porsche/7554268.html?ticket=ST-4438549-KZQlVNkhB3w0VDh9ocyW-ap6
Sg
SgtRumpel antwortete am 02.04.2019:
Holla! :D Da brauch ich etwas mehr Zeit, um zu antworten :D Muss gerade noch arbeiten, aber aufgrund von Länge (und Intensität) erlaube ich mir, eine Antwort etwas aufzuschieben.
Li
Lisa Bell antwortete am 03.04.2019:
Du musst darauf nicht antworten, deine Sicht macht auch total Sinn. Aber in der Pädagogik und Literaturwissenschaft (der Anglistik) sitze ich in einer Filterblase, die gegen den Alltag spricht. Diskrimierung ist real, an vielen Fronten. In der Ecke, wo aber zum Teil die Gegenstrategien entworfen werden (beide oben genannten Disziplinen) sitzen mir mehrheitlich Frauen als Dozentinnen gegenüber. Die erzählen dann den wenigen Jungs, die Grundschullehrer werden wollen, noch etwas über Gleichbereichtigung im Sinne der Frauenrechtestärkung. Das ist dann schon etwas obskur. Deshalb ist aus einem Zweizeiler auch ein Roman geworden oben... :D

Also danke für den Beitrag und man muss sich nicht in allem einig sein. Schönen Abend,

Lisa
Mc
McChurill antwortete am 04.04.2019:
Gelesen und für gut befunden. Da kann ich mich nur anschließen und muss nicht selber einen derartig langen Text schreiben, danke :D
Sg
SgtRumpel antwortete am 04.04.2019:
Doch, ich will ja antworten :D Dafür habe ich den Blog ja gemacht - um zu diskutieren und auch meine Meinung auf die Probe zu stellen! Wir sind hier ja im Internetz und nicht in der Uni beim Frontal-Unterricht :D

Also zuallererst: Ich kann Dich auch sehr gut verstehen. Ich tu mich auch schwer mit der "Autor*innen" Schreibweise. Noch schlimmer finde ich, irgendwelche gutturalen Laute, die das * in der Sprache darstellen soll. Ich lese für mich bei "Autor*innen" immer noch "Autoren und Autorinnen".

Ich finde also durchaus, dass in der tagtäglichen Sprache wie auch in vielen Texten auf die Schreibweise verzichtet werden könnte - einfach weil es wesentlich angenehmer ist. Ich glaube, wenn wir mal an einen Punkt ankommen, an dem echte Gleichberechtigung herrscht, dann wird das mit dem generischen Maskulinum evtl auch nicht mehr so streng gesehen.

Tatsächlich gibt es aber eine technische Seite bei Institutionen wie der Wikipedia, die nicht zu verachten ist. Wer "Autorinnen" sucht, findet in Suchmaschinen nicht das gleiche wie "Autoren". Eine Liste, die "SF-Autoren" benannt wird, aber auch Autorinnen enthält, wird von jemandem, der Autorinnen sucht, vom Algorithmus als nicht relevant angesehen. Das mag wie eine Kleinigkeit erscheinen, aber hat große Auswirkungen auf die Wahrnehmung (wie im Artikel beschrieben).

Zu Deinem Porsche-Beispiel: Hast Du schon mal daran gedacht, dass es eine Wechselwirkung zwischen der Markenwahrnehmung und dem Publikum gibt? Angenommen, es gäbe in einer Sportwagen-Jury 50% Frauen und diese würden nun dafür sorgen, dass auch Sportwagen, die eher einer weiblichen Ästhetik (elegant, klein, farbig) als einer männlichen (schnell, laut, cool, aggressiv) entsprechen ausgezeichnet werden. Das würde ein anderes Design-Paradigma fördern, welches auch das Interesse an Sportwagen in der weiblichen Bevölkerung erhöhen würde.

Vermeintliche Männer- oder Frauendomänen sind teilweise Relikte unserer Gesellschaft von vor Generationen, da diese Prozesse lange brauchen, um sich zu verändern. Fußball ist ein gutes Beispiel: Frauenfußball wird oft ausgelacht und als weniger emotional im Vergleich zum Männerfußball gesehen. Man darf dabei aber nicht vergessen, dass die Infrastruktur für weibliche Spieler um Generationen hinter den männlichen Kollegen steht. Geld, Vereine, Werbeverträge - einfach alles beginnt gerade erst bei den Frauen.

Letztendlich zeigt das auch Dein verlinkter Artikel: Der Titel ist ja "immer mehr Frauen haben einen Porsche" - also ist auch hier eine Entwicklung zu sehen, nämlich dass vorhandene Männerdomänen evtl gar keine echte Männerdomänen sind, sondern eigentlich von beiden Geschlechtern angenommen werden - nur bis jetzt wurde eben ein Geschlecht systematisch ferngehalten (etwas überspitzt formuliert).

Deinen letzten Absatz kann ich leider nicht unterschreiben und geht für mich in Teilen an der Thematik vorbei. Es wird gerne angenommen, dass man bei Einhaltung einer Quote Abstriche in der Kompetenz machen muss. Habe ich nie gesagt und auch die meisten anderen, die dafür argumentieren, nicht. Meine Erfahrung ist, dass man IMMER kompetente Optionen in beiden Geschlechtern hat. Wer das nicht hat, hat zu wenig gesucht.

Quoten (unter Einhaltung der Kompetenzrichtlinien) können einen verfahrenen und auf ein Geschlecht getrimmten Bereich öffnen für eine bisher ausgeschlossene Gruppe Menschen. Das trifft auf Frauen und auf Männer zu.
Li
Lisa Bell antwortete am 09.04.2019:
Ich habe lange überlegt, ob ich mich noch mal „triggern“ lasse und darauf antworte. Schon oben habe ich aus einer gewissen Frustration heraus einen Text hingepfeffert, der vor Tipp-Fehlern nur so überquillt, ohne ihn noch mal zu lesen. Und ja, mein Verhalten ähnelt einer verbitterten Schreckschraube… zeigt nur wie emotional ausgeleiert meine Nerven bei dem Thema sind.

Ich habe schon mehrere Perosnalentscheidungen in die eine oder andere Richtung verfolgen dürfen, bei der zwar "Kompetenz" gefordert war, aber das Geschlecht den primären Ausschlag gab, bei eben nicht gleicher Kompetenz.

Wechselwirkung funktioniert nur, wenn sich die Zielgruppe für das Thema interessiert. Deshalb sind Sportwagen typisch „männlich“. Alles, was Verkaufsargumente für Sportwagen sind, macht sie zu einem Verkaufsschlager vor allem bei Männern. Wenn man sie verändert, dass sie Frauen mehr gefallen, dann sind es womöglich keine Fahrzeuge mehr, die dem Bild eines Sportwagens entsprechen. Ich halte es schlicht für überflüssig jedes Produkt bzw. jede Dienstleistung usw. für jedes Geschlecht attraktiv zu machen. Es ist dann auch gut, dass Männer allein über Männerinteressen entscheiden und umgekehrt.

„Tatsächlich gibt es aber eine technische Seite bei Institutionen wie der Wikipedia, die nicht zu verachten ist. Wer ‚Autorinnen‘ sucht, findet in Suchmaschinen nicht das gleiche wie ‚Autoren‘.“
Es gibt eben kein generisches Femininum. Dass eine Autorinnen-Liste nicht „relevant“ ist, liegt meines Erachtens daran, dass es eben auch keine rein männliche Liste als Gegenpart gibt.
Wikipedia ist keine staatliche Institution, die können das handhaben, wie sie es selbst für richtig halten. Wenn es innerhalb Wikipedias den Konsens gibt, da was zu ändern, toll, wenn nicht, auch gut. Ich halte es für falsch Wikipedia da reinzureden, denn das schafft eine öffentliche Wahrnehmung, die dann für verpflichtendes Gendern direkt aus dem Duden sorgt. Ich bin dabei Pessimist, ich glaube, das wird ohnehin kommen. Sprache von oben zu regulieren, egal aus welcher politischen Motivation, halte ich immer für falsch.

Frauenfußball ist wegen der Geschlechterdiskriminierung weniger gehypt? Mag sein. Ich halte aber ein gleichberechtigtes Miteinander für umsetzbar, ohne den Frauenfußball so groß zu machen wie den Männerfußball. Und das gilt für alles andere auch. Männerbastionen müssen nicht von Frauen niedergerissen oder erobert werden, wenn das nicht organisch aus der Bevölkerung heraus geschieht. Und ja, das kann dauern. Aber wenn wir diese Geduld nicht aufbringen, bekommen wir bei allem danach das Argument hingeworfen, warum es für diverse andere Ungleichverteilungen nicht auch eine Quotenregelung gibt. Quoten sind die Präzedenzfälle gesellschaftlicher Konflikte von morgen. Das Geschlecht ist irrelevant, denn niemand macht was besser, NUR weil er ein Mann oder eine Frau ist. Frauenquoten-Modelle, überlagert mit einem halben Dutzend anderer Quoten, sind, überspitzt formuliert, das Ende der kompetenzbasierten Entscheidung.

Und ja, mehr als der Konsens zum Dissens ist hier wohl nicht zu gewinnen.
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Mc
McChurill schrieb am 04.04.2019:
Wieder ein gelungener Artikel, auch wenn ich deine Meinung nicht teile. Ich habe mir nochmal den Artikel, den du verlinkt hast durchgelesen und finde ihn sehr interessant, weil ich darin einige Widersprüche sehe, die auch immer wieder in Diskussionen um Gender, Gleichberechtigung und dergleichen auffallen.

Gleichberechtigung und Sexismus: Die Ersetzung eines Mitgliedes einer Jury zu fordern, weil es männlich ist und sich die Autorin eine weitere weibliche Jurorin wünscht ist aus meiner Sicht das genaue Gegenteil von Gleichberechtigung, denn es bedeutet, dass jemand ein größeres Anrecht auf diese Position haben soll, wegen seines Geschlechts.

Kritik an ihren Vorschlägen wird konsequenterweise als sexistisch und frauenfeindlich motiviert dargestellt, die Organisation der Jury und des Ablaufs hat einen Grund und die Organisation einfach so umzuwerfen geht nunmal nicht.

Es wird immer wieder erwähnt, wie wichtig Repräsentation sei und wie schlecht eine homogene Jury wäre. Allerdings ist es ein Unterschied, ob eine Jury 50/50 nach Geschlechtern zusammengestellt wird, oder um die tatsächliche Leserschaft zu repräsentieren (was meiner Meinung nach beides Käse ist).

Am Ende stellt sie jedoch noch eine interessante Frage "Geht es eigentlich noch um Comics". Anscheinend nicht, ihr geht es nur um eine erzwungene Zusammenstellung der Jury nach Geschlechtern und darum ihren Standpunkt durchzusetzen. Zumal sie auch eingesteht nicht besonders diplomatisch vorgegangen zu sein.

Ich weiß leider nicht, was ich von diesem Text halten soll. Deine Texte Herr Rumpel, sind immer durchaus reflektiert und tiefgründig geschrieben. Leider sehe ich an vielen Stellen, das Diversität kompromisslos durchgesetzt werden soll. Und durch Zwang verhärten sich die Fronten nur noch mehr.

Würde eine Quote zum Beispiel bedeuten, dass Frauen kein Mitspracherecht in Männerdomänen (z.B. Motorsport) haben dürfen, um die Zuschauerschaft möglichst korrekt zu repräsentieren? Oder soll eine Frauenqoute von 50% erzwungen werden, was Frauen deutlich überrepräsentieren würde?
Daher ist für mich beides quatsch. Eine richtige, sofortige und einfache Lösung gibt es hier nicht, vor allem ist beidseitiger Respekt gefragt.

Auweia, jetzt habe ich doch einen langen Text geschrieben, weil ich mich dem Thema viel zu sehr triggern lasse, aber das war meine Meinung dazu. Ich wünsche euch allen einen angenehmen Abend und freue mich auf einen eventuellen Meinungsaustausch! :)
Sg
SgtRumpel antwortete am 04.04.2019:
Hier kommt der eventuelle Meinungsaustausch :D

In Bezug auf die Jury: Das hängt davon ab, ob Du jeden Posten einzeln siehst, oder die Zusammensetzung der Gruppe. Wenn Du darauf aus bist, dass die Gruppe gleichberechtigt aufgestellt ist, dann kann es passieren, dass ein Geschlecht für den letzten Posten bevorzugt wird. Das heißt aber nicht, dass die Gleichberechtigung dabei missachtet wird, da ja die Gesamtverteilung beachtet wird.

Zudem bemängelte Eve Jay ja zurecht, dass im Vergleich zum letzten Jahr eine Frau von einem Mann ersetzt wurde. Sie wollte also diesen Zustand wiederherstellen, nicht einfach nur ein Mitglied ohne Grund ersetzen.

Das Annehmen, das "alles schon seinen Grund hat" und man "organisatorisch" etwas nicht ändern könne, klingt mir leider zu sehr nach Ausrede - ich bin zu lange in dem Business, als dass ich das glauben könnte ;)

Zu meinem Text: Ich fordere ja gerade nicht, dass die Geschlechterverteilung "kompromisslos" durchgesetzt werden soll. Deshalb der Satz: "[...] werden Entscheidungen von einer Gruppierung getroffen, deren Zusammensetzung nicht mit der Zusammensetzung ihrer Anhängerschaft übereinstimmt." Anhand meines Beispieles aus meinem eigenen Berufsfeld habe ich es auch klar gemacht: Es geht um bestimmte, wichtige Positionen, die eben in irgendeiner Form repräsentativ sein sollen (zum Beispiel 4 YouTuber interviewen Politiker). Hier einem Geschlecht den Vorrang zu geben, verfehlt das Ziel des Projektes.

Natürlich gibt es auch Jurys, die nur aus Frauen oder nur aus Männern bestehen können. Je nach Interesse macht es vielleicht keinen Sinn oder es gibt überhaupt niemanden, der für einen Posten in Frage käme. Trotzdem glaube ich, dass diese Extremen Beispiele seltener sind, als man annehmen möchte. Das es bestimmte Männerdomänen noch gibt, heißt noch nicht automatisch, dass Frauen da kein Interesse daran entwickeln könnten. Andere, frühere Männerdomänen (Fußball, generell Sport, Politik, Wirtschaft) sind im Laufe der Jahre auch in das Interesse der Frauen gerückt - diese Entwicklung ist nicht abgeschlossen.

Ich glaube eher, dass soetwas wie Männer- oder Frauendomänen eher ein Ergebnis von Sozialisation ist - und das ändert sich gerade konstant. Es könnte gut sein, dass wir in ein paar Generationen gar keine Geschlechter-spezifischen Domänen mehr haben :)

Am Ende: Du hast Recht, es ist gegenseitiger Respekt gefragt! Aber eben für meine Begriffe in der Weise, dass man aufkommendes Interesse nicht abtut mit Sätzen wie "Das war doch schon immer so" oder "das ist aber organisatorisch nicht anders zu machen".
Mc
McChurill antwortete am 09.04.2019:
Die Argumente nehme ich an und bedanke mich für deine Antwort :)

Über das organisatorische lässt sich streiten, weil es weder für mein Argument noch für dein Gegenargument in dem speziellen Fall zugängliche Fakten gibt ;)
Wahrscheinlich hätte man das Problem auch lösen können, wenn die Herangehensweise anders gewählt worden wäre; zum Beispiel die Diskussion über die Geschlechterverteilung hinten anzustellen, bzw. als Vorschlag für das nächste Jahr anzubringen, statt Leute derart vor den Kopf zu stoßen. Leider scheint das ein Zeichen unserer heutigen Zeit zu sein, dass keiner mehr Kompromisse machen oder warten mag. Ich weiß nicht richtig, wie ich es ausdrücken soll, aber diese Haltung "Ich habe recht und deswegen *muss* xyz so gemacht werden" und "alle anderen spinnen und sind gegen mich" scheint doch sehr weit verbreitet zu sein, in fast jeder Debatte, zu fast jedem Thema. Aber das ist offtopic.

Du hast natürlich Recht, dass sich alles verändert und sich die Grenzen von reinen Männer-/Frauendomänen immer mehr auflösen. Das ist ganz sicher nicht schlecht, aber auch nicht per se gut, es ist einfach so. Zumindest für mich, entzieht sich das einer Wertung, weil jeder machen darf und soll, was ihn glücklich macht.
Bei Wahlen fände ich ein Frauenquote dennoch problematisch, wie ich schon erklärte.

Ich habe nochmal über das ganze Thema nachgedacht und bin zu dem Schluss gekommen, dass doch bitte jeder machen soll, was er gerne mag. Wer bin ich, dass ich über die richtige Verteilung von Geschlechtern bestimmen sollte? In dem Zusammenhang soll mir dann auch eine Quote egal sein. Wenn das jemand gut findet, meinetwegen, wenn nicht, meinetwegen :D

Klingt etwas phlegmatisch, aber solange ich keine Lösung habe will ich auch nicht immer Kontra geben. ;)
❯ Antworten
Sn
Sneezemeat schrieb am 05.04.2019:
Sehr interessante Sichtweise.
Ich für meinen Teil (vielleicht kann ich das als Mann aber wirklich nicht beurteilen) halte das generische Maskulinum eher für Quatsch. Wenn ich von Autoren rede meine ich immer beide Geschlechter, wenn ich nicht explizit drauf hinweise. Und ich glaube, dass auch der Großteil der Bevölkerung so denkt. Eine Verallgemeinerung wie "Studierende" stört mich aber auch nicht, wenn sich dadurch weniger Menschen vor den Kopf gestoßen fühlen.

Zum Thema Quote: Die halte ich definitiv für sinnvoll. Oft wird hier ja das Argument gebracht (und ich habe es in einem der Kommentare hier auch schon gelesen), dass Frauen ja z.b gar nicht Mechaniker werden wollen, wieso sollte man also eine Quote für etwas schaffen, dass den größten Teil der weiblichen Bevölkerung gar nicht interessiert/betrifft.
Warum aber wollen Frauen keine "Männerberufe" ausüben? Ich glaube das liegt an dem gesellschaftlichen Bild von Geschlechtern und der Erziehung. Mädchen bekommen ja schon von Geburt an vorgelebt, dass sie eher Friseurin als Schreiner werden sollen. Es ist also irgendwo ein Perpetuum Mobile. Und um aus diesem auszubrechen kann unter anderem eine Quote helfen. So sehen Mädchen hoffentlich irgendwann, dass Frauen und Männer in allen Berufsgruppen gleichermaßen vertreten sind und sind in ihrer Berufswahl im besten Fall genau so offen.
Und dann wird man auch die Quote irgendwann nicht mehr brauchen.
Aber das ist wohl noch Wunschdenken.
Sg
SgtRumpel antwortete am 07.04.2019:
Da bin ich absolut bei Dir, Ähnliches habe ich schon als Antwort auf Lisa uns McChrrill
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Sa
Sabi schrieb am 09.04.2019:
Ich denke, ein großes Problem bei der ganzen Diskussion ist immer noch, dass viele Leute einerseits sich nicht genug auskennen - an dieser Stelle Lob an Dich, ich halte Deine Aussagen immer für sehr gut recherchiert - und andererseits zu sehr in ihrer eigenen Blase denken.
Ich persönlich zum Beispiel fühle mich durch "Autoren" mehr repräsentiert als durch "Autorinnen" und denke bei ersterem tatsächlich auch an alle Geschlechter, wie das bei Sneezemeat der Fall ist. Das letzte suggeriert für mich allerdings, dass es eben gerade wirklich nur um Frauen geht und ich möchte aus verschiedenen Gründen in keinem Gebiet in eine Gruppe eingeteilt werden, in der es nur Frauen gibt. So ein Empfinden ist ganz klar dem generischen Maskulinum geschuldet - es hätte ja genauso gut sein können, dass wir ein generisches Femininum in unserer Gesellschaft entwickeln und man dann bei "Autorinnen" an alle Geschlechter denkt. Aber das ist eben nur mein persönliches Empfinden. Und dem muss man sich bewusst werden, dass es eben auch sehr viele Leute gibt, die sich nur angesprochen und repräsentiert fühlen, wenn ihr Geschlecht tatsächlich angesprochen wird.
Das ist nur ein Beispiel von vielen - Wir können einfach nicht danach argumentieren, was wir für uns am angenehmsten finden oder was für uns persönlich zutrifft, sondern müssen uns auch in die Lage anderer versetzen. Und da kann man das eben genannte einfach nicht abstreiten. Ebenso wenig kann man abstreiten, dass Frauen und Männer oft unterschiedlich empfinden, ebenso wie diverse Leute oft auch unterschiedlich empfinden. Es empfinden ja sogar Leute mit unterschiedlichen Sexualitäten unterschiedlich - mal ehrlich, dieses Meme, dass queere Leute nicht normal auf einem Stuhl sitzen können, kommt auch nichts aus dem Nichts, sondern baut auf statistischen Erfahrungen auf. Wenn jemand absolut keinem Klischee entspricht und umgekehrt auch absolut keine (unterbewussten) Assoziationen zu bestimmten Dingen wie eben zB. dem Design eines Porsches hat, dann ist das ja sehr schön für die Person. Wenn jemand als Frau sich auch repräsentiert fühlt, wenn in einer Jury nur eine einzige Frau neben 5 Männern sitzt, ist das auch schön. Aber das ist eben meistens nicht der Fall und kann sich auch nicht einfach so ändern, indem man sagt "Wir müssen aufhören in Geschlechtern zu denken". Deshalb müssen wir metaphorisch gesprochen eben endlich mal anfangen unsere Porsches nicht nur "männlich" zu designen, damit eben auch andere Leute anfangen sie zu fahren bzw. die wenigen, die es schon tun, sich repräsentiert fühlen. Im Kopf wissen im 21. Jahrhundert bestimmt viele, dass es auch männliche Romantik-Autoren und weibliche SciFi-Autoren gibt. Aber das ganze muss eben ins Unterbewusstsein vordringen und natürlich werden und dafür muss eben wirklich überall ausgeglichene Namen lesen und ausgeglichene Leute in den Talkshows sitzen sehen. Deshalb brauchen wir geschlechtsneutrale Sprache, deshalb brauchen wir Quoten.
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Th
Thomas Müller schrieb am 11.04.2019:
"... deshalb brauchen wir Quoten."
Wo fangen Quoten an, wo hören sie auf? Noch vor 25 Jahren hätte man beim Geschlecht zwischen männlich und weiblich unterschieden, mittlerweile gibt es - vom Gesetz her bestimtt - auch noch divers. Was kommt in den nächsten Jahres alles dazu?
Und vor allem: Ist das Geschlecht das einzig Ausschlaggebende. Was ist mit Linkshändern, Blauäugigen, Grauhaarigen, Rothaarigen, Brillenträgern, Glatzköpfen, Einbeinigen, Städtern, Dorfbewohnern, Autofahrern, Radlern, Fußgängern, Ledigen, Verheirateten, Kinderlosen, Eltern, Großeltern, Onkeln, Tanten, usw. usw. Man kann leicht sehen (wenn man will), daß man jede Eigenschaft zu einem Quotenkriterium hochstilisieren kann.
Im Falle von Theresa Hannig sehe ich nur jemanden, der sich auf den nichtvorhandenen Schwanz getreten fühlt, weil ihr Wikipedia-Eintrag nicht angenommen wurde. Flugs holt sie die "Das-passiert-nur-weil-ich-eine-Frau-bin"-Keule heraus und versucht damit, der Welt klarzumachen, ja geradezu aufzuzwingen, daß sie als Frau Recht hat. Immer und überall.
Sg
SgtRumpel antwortete am 13.04.2019:
Die Tatsache, dass die gesellschaftlichen Strukturen komplexer geworden sind, ist kein Grund dafür, alles beim Alten zu belassen. Es gibt nachweislich Unterschiede im Bereich der Geschlechter, was Chancengleichkeit und Selbstbestimmung angeht. Wir (zumindest einige) haben uns glücklicherweise weiterentwickelt, so dass wir diese historisch bedingten Missstände verändern können. Das gilt übrigens nicht nur für die Gleichstellung der Frau.

Dein letzter Kommentar ist leider einfach nur eine Verallgemeinerung - die absichtlich ausgeblendete Differenzierung impliziert, dass Du nicht einmal im Ansatz gewillt bist, eine Diskussion zuzulassen, deswegen lohnt sich hier eine Argumentation meinerseits nicht.
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Be
Ben schrieb am 18.04.2019:
Du scheinst dir ja von der veränderten Sprache irgendwelche Gleichstellungseffekte für die Gesellschaft zu versprechen. Aber woher kommt denn überhaupt die Überzeugung, diese Unterschiede seien maßgeblich durch Sprache oder andere Formen der Sozialisierung entstanden?

Wenn das generische Maskulinum einen so gewaltigen Einfluss auf die Geschlechterrollen unserer Gesellschaft hätte, dann müsste man in Sprachräumen ohne vergleichbare Bedingungen ja auch gewaltige Unterschiede zu uns sehen. Tatsächlich gibt es aber praktisch in allen Kulturen deutliche Unterschiede in den Geschlechterrollen, und das bei all den grundverschiedenen Sprachen, die auf der Welt so verbreitet sind. Wie kann das sein?
Und gerade in den Gesellschaften mit hoher Gleichberechtigung, wie in den skandinavischen Ländern, z.B, zeigt sich sogar ein umgekehrter Effekt. Das sogenannte "Gender-Equality-Paradoxon": Je mehr Gleichberechtigung, desto verschiedener verhalten sich die Geschlechter. Es gibt Berichte, dass in einigen muslimischen Ländern - wo es erlaubt ist - anteilsmäßig mehr Frauen technische Fächer studieren, als in der westlichen Welt.

Wenn wir glauben, der Mensch sei ein so leicht beeinflussbares Wesen, und Geschlechtsunterschiede durch Sozialisierung, Sprache, etc. entstanden, so macht das keinen Sinn.

Wenn wir aber davon ausgehen, der Mensch sei ein zumindest halbwegs aufgeklärtes Wesen und handle eben mehrheitlich so, wie es ihm eben sinnvoll erscheint, dann ist alles ganz einfach erklärt. Und wir können weiter an einen potentiell aufgeklärten Menschen glauben, was ich extrem wichtig finde.
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...auf meinem Blog. Hier schreibe ich über mein kreatives Schaffen, philosophiere über das Leben und rege mich gelegentlich auch über gesellschaftliche Zustände auf.
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