Bei jedem Hörbuch, das ich für Alendia aufgenommen habe, war mein Bestreben, es ein wenig besser zu machen als beim letzten Mal. Neue Libraries für die Musik, ein neues Mikrofon, neue Plugins, die mir beim Mixing helfen, bessere Intonation beim Sprechen. Nun habe ich mir einen Wunsch erfüllt, der schon lange in meinem Kopf herumspukte: eine eigene Sprecherkabine.
First Steps
Vor etwa 4 Monaten hatte ich schon einmal den Versuch unternommen, eine eigene Sprecherkabine zu bauen. Mein Gedanke war, eine Ecke meines Arbeitszimmers zu nehmen, eine weitere Holzwand hochzuziehen, das ganze mit Noppenschaum auszustatten und mich jubilierend von Matratzen-Burgen zu verabschieden, die mir bis dahin als Aufahmekabine gedient hatten.
Leider stellte sich recht schnell die Ernüchterung ein: durch meine naive Herangehensweise und fehlende Recherche war das Ergebnis akustisch inakzeptabel, sogar weitaus schlechter als meine bisherigen Aufnahmen zwischen Matratzen. Der Grund waren stehende Wellen vor allem im Bereich der tieferen Frequenzen, die in den Aufnahmen dumpf dröhnten. Mir wurde klar, dass ich mich etwas ausführlicher mit der Materie beschäftigen musste.
Einen schalltoten Raum nennt man im Englischen 'anechoic chamber'. Das weiß auch Deaf Vader.
Ich stellte schnell fest, dass zwar einiges an Informationen über DIY-Sprecherkabinen im Internet existierte, aber vieles davon auf Halbwissen aufbaute. Zudem waren die Qualitätsansprüche an die Kabinen extrem unterschiedlich und damit die Ergebnisse nicht immer zufriedenstellend. Ich habe also lange herumgesucht, mit Toningenieuren und mit Schaumstoffexperten gesprochen. Was ich dabei herausgefunden habe und wofür ich mich letztendlich entschieden habe, darum geht es in diesem Artikel.
Aufgabenstellung
Zunächst wurde mir klar, dass eine Gesangs- oder Sprecherkabine unterschiedliche Anforderungen haben kann. Ich meine dabei Dämpfung und Absorbtion. Die meisten Kabinen in Tonstudios machen beides und müssen dementsprechend aufwendig gebaut werden. Ich habe das Glück, dass mein Zimmer in einem ruhigen Hinterhof liegt, eine Dämpfung der Geräusche von Außen ist nicht notwendig. Auch wird das Einsprechen nur sehr selten laut (vielleicht mal wenn ich bei einer Textstelle wütend Schreien muss), wodurch eine Dämpfung der Geräusche von Innen nach Außen auch nicht notwendig ist.
Für mich war eigentlich nur die Absorbtion wichtig. Mein Arbeitszimmer besteht aus kahlen Wänden, die allesamt meine Sprache reflektieren. Dadurch entsteht ein Nachhall, der sich in den Aufnahmen störend bemerkbar macht. Mit Refklektor-Schirmen, Schaumstoff und Matratzen und einer anschließenden Nachbearbeitung konnte ich den Raumhall bisher minimieren. Die Aufgabe der Kabine sollte es also sein, meine Stimme so zu Absorbieren, dass an den Wänden kaum mehr reflektiert wird.
Schaumstoff ist nicht gleich Schaumstoff
Es gibt viele unterschiedliche Schaumstoffe. Einige davon wurden extra für die Akustik hergestellt, und einige davon haben sich auf Absorbtion spezialisiert. Basotect nennt sich der Schaumstoff, der wahre Wunder vollbringen soll, und für den ich mich auch entschieden habe. Dieser Schaumstoff nimmt akustische Wellen auf und wandelt diese in Wärme um (natürlich ist die entstehende Wärme dabei so minimal, dass man es nicht als Heizung verwenden kann :D ) und absorbiert dadurch effektiv.
In diesem Artikel ist das Ganze nur ein Absatz, aber in Wirklichkeit hat es gut und gerne zwei Monate gedauert, bis ich alle Schaumstoffarten, deren Vor- und Nachteile und die Kosten verglichen hatte. Am Ende bin ich also bei Basotect mit 7cm für eine männliche Stimme (je dicker der Schaumstoff, desto tiefere Frequenzen kann er absorbieren) angelangt. Kostenpunkt Schaumstoff: 270 €.
Mein Konzept aus 3 Elementen, die zu einem U zusammengebaut werden. Rahmen aus Holz, Füllung aus basotect-Schaumstoff.
Konzeption
Nachdem ich mich endlich für den Schaumstoff entschieden hatte, habe ich mit Hinweisen eines befreundeten Toningenieurs ein Konzept erstellt. Ich hatte zudem noch zwei weitere Anforderungen an die Kabine: Sie sollte klein sein (begrenzter Platz) und schnell auf oder abzubauen. Ich habe mich also recht schnell für eine U-Form entschieden mit einer Hauptwand und zwei Nebenwänden, die mit einfachen Scharnieren, die man aushängen kann, verbunden sind.
An der Hauptwand sind außerdem zwei metallische Leisten angebracht, an der ich mit Magneten meine Skripte und ein Licht anbringen wollte. Doch zunächst musste ich mich um die Rahmen kümmern. Im Baumarkt habe ich einfache Leisten mit 7.4cm Dicke gekauft und zurecht schneiden lassen: 6 x 200cm und 10 x 90cm. Der Grundriss der Kabine sollte 90cm x 90 cm sein. Das Baumaterial inklusive Stoffe kostete mich um die 150€.
Der Rahmen wurde zuerst zusammengeschraubt und die Meterware Stoff zurechtgeschnitten.
Die Rahmen habe ich vorgebohrt und zusammengeschraubt. Der Basotect kam in 100cm x 50cm großen Stücken und musste zurechtgeschnitten werden. Ich habe das stilecht mit einem Brotmesser gemacht. Online habe ich mir Stoffbahnen bestellt, einmal 700cm x 140cm in hellblau für das Interieur (helle Farbe, damit es nicht so beengt in der Kabine wirkt) und ebenfalls 700cm x 140cm dunkles Grau für die Außenwände. Mit einem Tacker und viel Fluchen hatte ich es nach ein paar Stunden geschafft, alle 3 Elemente mit Stoff zu beziehen und damit den Schaumstoff im Rahmen zu fixieren.
Schaumstoff mit Brotmesser zurechtschneiden, dann den Rahmen mit Stoff bespannen - easy!
kleine Details
Jetzt galt es nur noch, die kleinen Details anzubringen: Eine Umzugsdecke mit Ösen versehen und dafür an der Hauptwand oben vier Haken befestigen, um die Decke einzuhängen. Diese wird auf der offenen Seite oben über eine Stange geführt und wird somit zur Decke und Rückwand. Unten auf dem Boden habe ich eine passende Fußmatte platziert. Ebenfalls im Baumarkt habe ich eine kleine, über USB zu ladende Lampe erstanden, die mit einem Magneten an einer der Metall-Leisten hängt.
Eine kleine, magnetische und wiederaufladbare Lampe dient als Licht.
Nun nur noch das Mikrophon (NT1-A), Aufnahmegerät (Tascam DR40) und Popp-Schutz hinein und fertig ist meine DIY-Sprecherkabine. Zur Zeit mache ich erste Testaufnahmen und bin sehr zufrieden. Und ich hoffe, dass ich schon bald ein neues Hörbuch-Werk veröffentlichen kann.
Die fertige Kabine. Papa ist ganz schön stolz!
Hier noch eine kleine Tonprobe, in der ich zum Vergleich einmal in meiner Küche und anschließend in der DIY-Sprecherbox aufnehme. Der Unterschied ist in diesen unbearbeiteten Aufnahmen recht eindrucksvoll zu hören, wie ich finde.
Insgesamt hat mich die Umsetzung der Sprecherkabine knapp 500€ gekostet, da ich auch noch Werkzeug kaufen musste. In Bezug auf das Material war der Schaumstoff natürlich das teuerste Element. Ich habe mich davor auch umgeguckt, wie kostspielig fertige Sprecherboxen (gibt es auch mobil) angeboten werden. Bisher gibt es da nur wenige Modelle, die mit unterschiedlicher Qualität bei 800€ beginnen und bis zu 3000€ kosten können.
Desweiteren krieg ich jetzt einfach nicht mehr die Vorstellung aus dem Kopf, wie witzig das wäre, hätte man eine Heizung, die mit Schall angetrieben wird. "Schatz, schrei doch mal endlich die Schaumwand an, mir ist kalt!!" XD
Sieht gut aus! :) machst du den „Eingang“ zum sprechen zu oder bleibt der offen?