Während meines Aufenthalts auf Gran Canaria habe ich den digitalen Vertrieb der Alendia-Hörspiele neu aufgerollt, wie ich es in dem vorigen AlendiaLog angekündigt hatte. Nun ist es soweit! Alendia ist auf einem Haufen Webseiten erhältlich! Und ich habe dabei ein mulmiges Gefühl...
Brave New World
Ich habe meinen alten Drittanbieter cdbaby ersetzt und nun einen neuen Dienstleiter beauftragt, meine Hörbücher auf unzähligen Platformen anzubieten. Viele davon kenne ich nicht einmal! Neben den großen Platzhirschen wie iTunes, amazon und googleplay bin ich nun auch auf einigen Seiten vertreten, an die ich zwar nie gedacht hätte, aber auf denen der Vertrieb durchaus Sinn macht: buecher.de, Thalia, Hugendubel.
Einige dieser Anbieter habe ich ausgewählt und auch auf der Alendia-Webseite verlinkt. Wenn ihr einen anderen Dienst nutzt, dann sucht einfach mal nach Alendia, denn es könnte gut sein, dass ihr auch dort fündig werdet.
ein mulmiges Gefühl bleibt
Das mulmige Gefühl ist meinem Perfektionismus und einem unangenehmen Eindruck des Kontrollverlustes zu verdanken. Jede Seite präsentiert ihre Produkte auf eine Weise, die ihrer Zielgruppe angepasst ist – und nur selten ist diese Zeilgruppe auf Hörbücher abgestimmt. Das führt dazu, dass Beschreibungen falsch oder gar nicht angezeigt werden, dass Tracks statt ganzen Alben aufgelistet werden oder eine Verlinkung zu der Homepage nicht angezeigt wird. Nicht zuletzt führt es dazu, dass Preise nicht einheitlich sind, da jedes Portal eine andere Preis-Gestaltung fordert.
Ich gebe mein Werk in fremde Hände und kann Präsentation und technische Aspekte nicht beeinflussen. Auf meiner eigenen Seite geht das natürlich – ich kann das Design oder sogar die Tracks an sich neu hochladen. Auf 30+ Portalen ist solch ein Update ein komplexes Unterfangen und dadurch zeit- und kostenintensiv. Auch die Aufteilung nicht mehr in vier Tracks, sondern in zehn Dateien pro Folge ist eine Maßnahme, die ich später noch weiter begründen werde. Die Empfehlung der Spezialisten war und ist einstimmig: Du musst zu den Hörer gehen - und die befinden sich auf den großen Seiten, da ist es egal, ob Du eine eigens erstellte Webseite hast, die perfekt auf Dein Produkt abgestimmt ist. Ich muss mich diesen Mechanismen beugen, um nicht am Rande der Aufmerksamkeit zu bleiben.
Die Folgen in Alendia haben sich qualitativ weiterentwickelt und einige von Euch haben das bemerkt und freundlicherweise auch immer mal wieder auf den Social Medias lautstark angemerkt. Ich habe viel in Sachen Sounddesign und Mastering dazu gelernt und mit jeder neuen Folge kommt ein anderer Aspekt auf, der verbesserungswürdig ist. Für den Relaunch des digitalen Vertriebs habe ich Folgen eins bis sechs neu abgemischt, um sie an den Qualitätsstandard der letzten drei Folgen anzugleichen. Die Remaster sind übrigens auch schon seit einiger Zait auf www.alendia.com zu hören.
Insgesamt glaube ich jedoch, dass dies der richtige Schritt ist. Die erste Staffel neigt sich dem Ende zu und ich bin inzwischen sehr zufrieden mit dem Ergebnis. Die zehnte Folge, an der ich zur Zeit inhaltlich arbeite, wird den Bogen um die Staffel spannen und einen soliden ersten Zyklus inhaltlich abschließen. Trotzdem gibt es einen Aspekt des digitalen Vertriebs, der mir regelrecht Magenschmerzen bereitet:
Streaming Flatrates
Audible, Spotify, Youtube oder Netflix sind Unternehmen, die für den Nutzer dank des Preis-Leistungs Verhältnisses hochinteressant sind. Eine geringe monatliche Gebühr öffnet einem die Türen zu einem enormen Katalog an Filmen, Videos, Hörspielen und Musik. Für Hörbuch-Produzenten stellt das ein echtes Problem dar.
Laut Techbook zahlt Spotify 0,006 bis 0,0084 Dollar pro gestreamten Track, der an das Label bzw. den Artist ausgeszahlt werden. Wenn wir von dem Preis auf der Webpage ausgehen (5€ – davon gehen 50 Cents an Paypal), dann verdiene ich pro verkaufter Folge 4.50€. Um dieses Geld bei Spotify verdienen zu können, muss sich ein Hörer das Hörbuch in der kompletten Länge ungefähr 62 mal anhören.
Den Artist macht Spotify jedenfalls nicht glücklich.
Ich selbst bin Hörspiel-Fan, aber selbst meine Lieblingshörspiele habe ich vielleicht 10 mal gehört. Auf diese Weise schafft es Spotify, die Gewinne zu minimieren – und setzt damit einen aus künstlerischer Sicht fatalen Prozess in Gang: Die Qualität eines Tracks wird nurmehr durch Klickzahlen gemessen. Es ist nicht mehr möglich, unterschiedliche Qualitätsstufen zu honorieren, denn jeder Klick erwirtschaftet fast identische Cash-Flows. Stellt Euch ein Restaurant vor, das seine Gerichte nur nach Gewicht abrechnet - ganz gleich ob es ungewürzter Reis oder perfekt garniertes Kobe-Rind ist, alles hat den selben Preis. Absurd!
Ein ähnliches Prinzip findet zur Zeit dank Amazon auch bei eBooks statt. Dort wird inzwischen per gelesener Seite (Kindle machts möglich) abgerechnet. Je mehr Seiten ein Buch hat, desto mehr verdient ein Autor. Kompakte Texte, die sprachlich ausgefeilt sind und auch länger in der Erstellung brauchen, haben das Nachsehen. Das führt dazu, dass Autoren inzwischen ihre Texte aufblasen. Oder, wie im Falle Alendia, dass ich statt vier Tracks zu 12 Minuten nun mit 10 Tracks zu je 4 Minuten arbeite, damit ich wenigstens 10 x 0,0084 Dollar generieren kann. Vielleicht hätte ich das Hörbuch in 20 Tracks zerhacken sollen...
Audible und Netflix sind Unternehmen, die auch selber produzieren – das respektiere ich, auch wenn die Produktionsbudget oftmals Dumping sind. Spotify und Youtube jedoch sind echte "Verramscher" – hier wird durch werbe-Finanzierung bzw. Billig-Flatrate ein Minimum an Rückfluss generiert, der sich erst bei einem Millionenpublikum lohnt.
Fazit
Aus meiner Youtube-Zeit kenne ich die Haltung: Hey, ich bin Dein Zuschauer, ich opfere meine Zeit, sei dankbar, dass ich Dich unterstütze. Den Lesern dieses Blogs muss ich das wahrscheinlich nicht sagen, dass diese Haltung natürlich falsch ist. Wer ein Projekt unterstützen will, der sollte sich von Youtube, Spotify und Ähnlichem fernhalten und idealerweise den vom Artist gewählten Eigenvertrieb wählen - im Falle Alendia wäre das www.alendia.com.
Ich habe meine Hörbücher immer günstig gehalten, da ich mir im Klaren war, dass ich als Einzel-Unternehmung nicht mit großen Produktionen mithalten kann. Die 5€ auf meiner Webpage halte ich für einen fairen Preis, die Folgen können dort angehört und heruntergeladen werden, und ich kann jederzeit bei Problemen helfen. Durch den digitalen Vertrieb erhoffe ich mir vor allem einen Zuwachs an neuen Leuten, die das Projekt oder mich als SgtRumpel noch gar nicht kennen.
Und ich bin gespannt, ob sich diese Hoffnung auch erfüllen wird...
Pro gelesener Seite abrechnen is dann wohl die konsequente Fortsetzung der "Wenn die Erörterung keine 1000 Wörter hat isses ne Note schlechter, mindestens"-Idee aus der Schule, die damals schon kompletter Schwachsinn war. Das heißt wenn ich je ein Buch schreibe, dann nicht in meiner kompakten Variante die in 600 Wörter mehr reinbringt als die meisten bei 1000 (zumindest wenn cih meinen Deutschlehrern aus der Oberstufe glauben darf), sondern mit den allseits beliebten Schachtelsätzen. Also schöne Sätze mit 8 Beistrichen die über 6 Zeilen gehen. Und den dann 3x in verschiedenen Varianten wiederholen damit mans auch sicher versteht und ganz zufällig mehr Seiten dabei rumkommen. Vor allem Horoskopbücher werden da ja belohnt, die haben ja grundsätzlich eine Aussage mit 4 Wörtern auf 3 Seiten ausgedehnt um wichtiger zu wirken...
Alternativen zu Spotify gibt es durchaus. Man muss allerdings mit ein paar Einschränkungen leben - aber diese Einschränkungen hängen eben genau mit dem finanziellen Rückfluss an den Artist zusammen.
Die andere Seite ist die, nur wenn man zeigt/sagt was man hat, kann es gekauft werden. So nach dem Motto: "Wenn ein Huhn ein Ei gelegt hat, gackert es, als wäre es ein Planet!" ... das können die Vertriebspartner eben gut und dafür wollen sie einen Teil vom Kuchen ab.
Ich verstehen Deine Hoffnungen und Sorgen und drücke die Daumen für ein gutes Ergebnis. Vielleicht kannst Du nach einem Vierteljahr oder einem Halbjahr Resümee ziehen und uns daran teilhaben lassen - es interessiert mich echt, wie Deine Erfahrungen dann sind.
Die Preisgestaltung der verschiedenen Plattformen ist schon interessant ... da kann man teilweise nur den Kopf schütteln. Ich bemerke gerade, dass ich mich mit Netflix, Spotify und Co. nicht auskenne - habe da vermutlich auch wenig verpasst.
Es gibt eben zwei (oder mehrere) Kategorien von Menschen: die einen brauchen/wollen es billig - die anderen möchten Qualität und zahlen auch dafür. Ich kenne beide Seiten: als Azubi kaum Geld und jetzt als Verdiener kann ich mir Dinge leisten, die ich früher nicht kaufen konnte. Allerdings gibt es hier noch einen weiteren Gedanken: Geld kann man sich (immer) verdienen ... mit vielen Dingen ... wenn man es nur will ... und sich für einiges nicht zu schade ist ... ist halt "unbequem" ...ich lasse das mal so im Raum stehen.
Also ich habe bisher alle Alendia-Hörspiele direkt auf alendia.com gekauft - ganz easy mit Kreditkarte. :) ...in der Hoffnung, dass der größte Teil vom Geld bei Dir bleibt. Ich bleibe auch dabei.
Freue mich auch schon auf das Staffelfinale - bin echt gespannt! Beginnt danach dann die 2. Staffel?
Viel Erfolg weiterhin!
Zu dem Anfang Deines Kommentars: Wenn Distributoren einen Teil vom Gewinn einbehalten, finde ich das in Ordnung, solange ich eben auch die Macht darüber habe, wie die Margen ausfallen. Bei Spotify hat man das leider nicht...
Eine unschöne Seite der ja an sich tollen Möglichkeiten, mit denen jeder seine Werke recht einfach anbieten kann.
Dass dabei oft genug Quantität vor Qualität geht (in der Bezahlung wie bei dir, oder auch beim Werk selbst, Fanfiktion lässt grüßen), ist traurig und fatal.
Musik wird häufig für Spotify angepasst komponiert (kurzes Intro), das Radio ist längst zum Dudelfunk verkommen - schöne neue Welt :/