The Bard's Tale IV [Review]
von Manuel Schmitt // 29.10.2018 22:17 // 3

Im Jahre 1985 erschien der erste Teil dieser störrischen, eigenwilligen Serie und mit The Bard's Tale IV liegt nun das aktuellste Abenteuer eines dem Alkohol sehr zugewandten Barden vor. Da mir die vorigen Spiele immer viel Spaß gemacht hatten, wartete ich schon freudig und mit gestimmter Klampfe auf die Möglichkeit, dem Barden den Platz in einem Fantasy-Abenteuer zuteil werden zu lassen, den er verdient...

Auch wenn ich nicht mehr auf Youtube oder Twitch zocke, so spiele ich natürlich immer noch gerne. Immer, wenn ich auf einen Titel stoße, der mir besonders gefällt, schreibe ich ein paar kurze Gedanken dazu auf und veröffentliche sie hier auf meinem Blog.

Hintergrund

Auf Steam kam vor nicht allzulanger Zeit eine remastered Edition des vorigen Teils von The Bard's Tale heraus, höchstwahrscheinlich als erste Marketing-Maßnahme für die Promotion des neuen Spieles. Mir hat das originale Spiel bei Release sehr gut gefallen, vor allem wegen der satirischen und selbstreferentiellen Einlagen (It's Bad Luck To Be You), die das Rollenspiel angenehm von der Konkurrenz abheben ließ. Tatsächlich hat die Franchise eine etwas holprige Vergangenheit mit einem nie vollendeten Spiel und anderen, aus legalen Gründen umbenannten Spielen (Dragon Wars, The Devil's Whiskey). Trotzdem konnte das Universum aus The Bard's Tale mit Büchern, Rollenspielen und dem genannten humorigen Action-RPG The Bard's Tale eine Gefolgschaft gewinnen. Dank einer erfolgreichen Kickstarter-Kampagne können wir uns nun auf The Bard's Tale IV freuen!

The Bard's Tale IV

Gameplay

The Bard's Tale IV ist ein rundenbasiertes Rollenspiel. Mit First Person Puzzle Elementen. Und Crafting. Und das funktioniert erstaunlich gut! Während man bei anderen Titeln schnell mal das Gefühl eines aus verschiedenen Genres zusammengebastelten Frankensteins hat, greifen diese verschiedenen Elemente in The Bard's Tale IV angenehm elegant ineinander und führen zu einem recht abwechslungsreichen Spielerlebnis.

The Bard's Tale IV

Der Kampf ist rundenbasiert und findet im Gegensatz zu der normalen First-Person-Ansicht in einem eigenen, statischen Screen statt. Der Spieler sowie der Gegner besitzen Aktionspunkte, die pro Runde auf die Charaktere in der Gruppe vergeben werden können. Der Kampf ist dank einer Vielzahl von Fähigkeiten, unterschiedlichen Klassen, Tränken, Schmuckstücken und (nicht zu vergessen) dem Alkohol und der damit einhergehenden Zauberei durchaus abwechslungsreich und im weiteren Spielverlauf auch manchmal (!) fordernd. Ich hatte allerdings immer wieder mal das Gefühl, dass die KI "gnädig" ist und nicht immer den für mich schmerzhaftesten Zug wählt. The Bard's Tale ist ein Dungeon-Crawler und dadurch gibt es Abschnitte, in denen einem die Gegnergruppen für meinen Geschmack ein wenig zu häufig gegenüberstehen und die Kämpfe durch eine sehr ähnliche Gegnerkonstellation trotz immer wieder neuer Fähigkeiten etwas repetitiv werden.

Vielleicht auch deshalb finde ich die Puzzle-Elemente so gelungen! Einerseits sind die Rätsel wirklich gut und stimmungsvoll in die Welt eingewoben und wirken nicht wie Fremdkörper im Spiel. Andererseits bieten die Knobelstrecken eine angenehme Abwechslung zu den strategischen Kämpfen. Die Puzzle sind fordernd, jedoch nie zu schwer. Zusätzlich zu den typischen lokal beschränkten Rätseln (Schieberätsel) gibt es zudem Quests, die Hinweise erfordern, die auf der ganzen Welt versteckt sind. Einige meiner Aufgaben habe ich recht früh im Spiel bekommen und bis dato noch nicht lösen können. Das führt dazu, dass man die Welt in The Bard's Tale IV als Open World wahrnimmt und nicht als in sich abgeschlossene Gebiete – ein Pluspunkt in einem Rollenspiel, wie ich finde.

The Bard's Tale IV

Design & Animation

Ich will hier nicht auf die technischen Aspekte der Grafik eingehen. Viel wichtiger in der heutigen Zeit finde ich das Design. Nicht die Größe der Textur oder die Anzahl der Polygone macht ein gutes Design aus, sondern die Gestaltung der Textur bzw. das Design des Models. Hier ist The Bard's Tale in Ordnung, aber keine Ausnahmeerscheinung.

Das Leveldesign ist stimmungsvoll und abwechslungsreich, auch wenn hier und dort die Dungeon-Crawler Elemente erkennbar sind (repetitive quadratische Presets). Ein Hinweis: Gerade beim Level-Design sind Licht und Schatten eine wichtige Zutat – bei The Bard's Tale wird diese Zutat erst wirklich sichtbar, wenn ihr die Schattenqualität auf ULTRA stellt.

The Bard's Tale IV

Die Animationen sind leider eine der Schwachpunkte von dem Spiel. Sowohl die etwas steifen Talk-Animationen in Dialogen als auch die Animation von dynamischen Objekten wie schwingende Beile sind leider nur durchschnittlich. Ich frage mich immer, wieso manche Animatoren standhaft die Existenz von Bezier-Kurven verleugnen.

Die Charaktere und damit die Klassen sind manchmal etwas merkwürdig umgesetzt. Die Gesichtausdrücke rangieren von annehmbar normal bis zu lachhaft dümmlich. Für ein immersives Rollenspiel, welches gerne auch mal auf ironische Pointen setzt, eher ein Minuspunkt. Auch die im Spiel portraitierten Zwerge sehen eher aus wie eine violette Version von Mr T mit geflochtenen Hood-Zöpfchen.

Musik & Sound

In einem Spiel, dessen Hauptcharakter ein Barde ist, steht natürlich auch die Musik im Mittelpunkt. Auf der einen Seite gibt es die Magie, die immer wieder mit musikalischen Zaubersprüchen durchsetzt sind, andererseits ist die Welt an sich auch voll mit singenden, spielenden, klampfenden NPCs. Das funktioniert ganz gut, denn die Musik ist wirklich passend arrangiert und überträgt die keltische Welt in Skara-Brae hervorragend.

The Bard's Tale IV

Ein großer Pluspunkt neben der Musik ist auch die Sprachausgabe auf englisch. Man bekommt derben irischen Akzent um die Ohren gehauen, so dass man wirklich um die Untertitel froh ist, gleichzeitig jedoch ein breites Grinsen im Gesicht hat. Die Sprecher sind abwechslungsreich und die Performance dem Humor des Spieles angepasst.

Umfang

Mit bisher 18 Stunden Spielzeit habe ich meine Charaktere zu etwa 2/3 gelevelt, ein Hinweis darauf, dass ich noch etwa neun Stunden Spielzeit für die Hauptstory haben werde. [Anmerkung: Die graphische Anzeige des Fähigkeiten-Screens zeigte eine Begrenzung, die aber faktisch nicht existierte. Meine Gesamtspielzeit betrug nach Beenden des Spieles 45 Stunden] Die Level sind teilweise riesig und mit kleinen Nebenquests, Puzzle und Schätzen gespickt. Man kann sich also wirklich in der Welt verlieren und in einem abgelegenen Winkel noch ein kleines Easteregg oder eine gute Waffe finden. Oder eine versteckte Sekte, die eine übergroße Ratte anhimmelt...

The Bard's Tale IV

Bugs

In vielen Reviews wurden zahlreiche Bugs kritisiert. Auch ich habe auf meiner Reise auf der Stelle laufende Tiere gesehen, Fähigkeiten nicht aktivieren können, andere zwar aktivieren können, die aber dann kein Schaden gemacht haben. Einmal musste ich neu laden, da ich in einem Felsen feststeckte. Doch trotz dieser Bugs (von der nur der Fels ein A-Bug war) konnten die Probleme meinen Spielspaß nicht wirklich trüben. Ich hoffe, dass die Entwickler sich dieser Bugs noch annehmen – machbar scheint mir das allemal.

The Bard's Tale IV

Fazit

Wer ein mittelschweres, rundenbasiertes Rollenspiel sucht, mit einer Welt voller humorvoller Dialoge, keltischer Musik, kniffligen Rätseln und der über die ein oder andere Animations-Schwäche hinweggucken kann, der sollte The Bard's Tale IV mal antesten. Klassen und Fähigkeiten sind zahlreich, die Quests intelligent gestaltet und die Gebiete insgesamt schön anzusehen. Eine Fantasy-Welt mit einer Prise Ironie und Unmengen an flüssigem Mutmacher - für Barden ein Paradis!

Habt ihr einen der alten Teile gespielt? Oder sogar schon den neuen? Oder vielleicht die Bücher gelesen? Oder seid Ihr etwa gar kein Barde?!?

Kommentare
Li
Lisa Bell schrieb am 09.10.2018:
Vor 15 Jahren oder so war mal ein Teil in der Computer/Bild/Spiele oder es war ein günstiger Kauf für um die 5 Euro. Vielleicht Teil 2, auf jeden Fall ein Fest!

Ich bin ewig gescheitert die Prinzessin zu retten (Spoiler!), die sich am Ende als machtgierige Hexe entpuppt. Man war also nur der dumme Erfüllungsgehilfe, aber das machte das Spiel umso besser. Der Humor scheint ja geblieben zu sein... Davon kann es nie zu viel geben.
Sg
SgtRumpel antwortete am 10.10.2018:
Der Humor ist zwar vorhanden, aber tatsächlich erinnere ich das alte Spiel wesentlich satirischer als diesen neuen Teil. Ich bin mir aber nicht sicher, ob ich das nicht sogar besser finde. Der Humor liegt hier eher im Quest-Design und in dem ein oder anderen Kommentar der Charaktere - das führt dazu, dass der Humor weniger "meta" ist, aber gleichzeitig entsteht eine ernstzunehmendere Fantasy-Atmo...
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Ke
Keksliz schrieb am 14.10.2018:
Hab leider nicht wirklich viel von dem Spiel gesehen, sondern immer nur gehört :)
Aber irgendwie hat mich der Artikel jetzt doch neugierig gemacht!
❯ Antworten
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...auf meinem Blog. Hier schreibe ich über mein kreatives Schaffen, philosophiere über das Leben und rege mich gelegentlich auch über gesellschaftliche Zustände auf.
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