Interview in der Testcard
von Manuel Schmitt // 20.08.2018 17:23 // 0

Manuel Schmitt gehört zu jenen YouTubern, die sich mit Computerspielen beschäftigen und das eigene Spielen für eine gameaffine Community kommentieren. In diesen sogenannten »Let’s Play«-Videos wandelt der Zocker aus Köln nicht nur auf dem eigenen Kanal durch künstliche Spielwelten.

Neben seiner Moderation von Gameplays unter dem Namen SgtRumpel arbeitet er als 3D-Animator und Regisseur mit seinen Kollegen Gronkh und Sarazar für die Live-Game-Show LPTLive beim YouTube-Konkurrenten MyVideo. Eine »XXL«-Version dieses »Let’s Play Together« wurde während der Gamescom 2013 als Live Event in der Kölner Lanxess Arenainszeniert, und man konnte sich des Eindrucks nicht erwehren, dass dies ein Testlauf für die weitere Karriere der Gamer werden sollte.

Ihr stetiger Output von Webvideos und die ausgiebige Betreuung der Community haben sich gelohnt: SgtRumpel und seine Kollegen Gronkh und Sarazar genießen in Deutschland eine gewisse Reputation und ihr gelebter Traum vom Hobby als Profession hat Begehrlichkeiten bei der elektronischen Unterhaltungsbranche geweckt, die ihrerseits durchaus problematische Kooperationen mit der Rüstungsindustrie aufweist. CryEngine etwa, ein spezielles Programmiergerüst für Computerspiele, wird eben nicht nur in lustigen Game-Sequenzen, sondern auch für mobile Infanterie-Simulatoren des Militärs verwendet. Wenn Spieler ihre Videos ins Netz stellen, geschieht das i.d.R. mit der Duldung oder über Lizenzen von den Games-Publishern − eine diskrete Variante des Marketings sozusagen.

Erkannt hat dies auch der Mutterkonzern von MyVideo, die ProSiebensat.1 Media und mit der Ausstrahlung von LPTLive investierte man zur rechten Zeit in die beliebten Gamer. »Let’s Plays« zählen zu den progressiveren Angeboten im Bereich Video-on-Demand, und im Vergleich zu anderen Unterhaltungsformaten ist moderiertes Gaming günstig in der Produktion. In LPTLive z.B. integrieren die Producer auch vertraute Elemente bekannter Unterhaltungsformen, das macht die Sache publikumswirksamer. Das, was als komisch empfunden wird, kennen wir auch aus TV-Formaten: tendenziöser Humor, anarchische Handhabung von Konventionen und die Degradierung von Mitspielern durch gelegentliche Missachtung der Political Correctness. Das DIY im kommentierten Gameplay ist dabei oft authentischer als das, was die »alten Medien« zu bieten haben, und: die direkte und spontane Ansprache wirkt wie ein perfektes Antidot gegen digitale Vereinsamung und Selbstausbeutung. Dass man etwa als Monetarisierungspartner von YouTube Kapital aus den Werbeeinnahmen schöpfen kann, ist das eine − aber im Selbstverständnis einiger Let’s Player generiert sich der eigentliche Reichtum mehr aus der ausgiebig schwatzenden Community. Man ist zwar kein Borg-Kollektiv, aber in hohem Maße auf den Austausch mit- und die Fürsorge untereinander angewiesen.

Welche Folgen wird dieses »We Play« aus Unternehmertum und Partizipation haben − leben wir demnächst in mobilen Prosumer-Staaten? In digitalen Kolchosen, die es dorthin verschlägt, wo das Kollektiv ideale Lebensbedingungen vorfindet? Und was passiert, wenn die Lebensader der Gamer, nämlich YouTube, versiegt? Das »Let’s Play« befindet sich derzeit in einer kleinen Krise.

Die einstige Subkultur murrt, denn in den vergangenen zwei Jahren hat sich die Zahl der Spielevermittler vervielfacht und die etablierten Medien haben über das Phänomen berichtet. Die Computerbild hat z. B. 2013 ein Interview mit dem Produzenten CommanderKrieger geführt, einige Monate nach den Artikeln in der taz und im Spiegel über die deutschen »Marktführer« Gronkh und Sarazar, ein kleiner Shitstorm folgte dann im Mai 2014 nach einer provozierenden Bestandsaufnahme im Tagesspiegel. Auf den einschlägigen Plattformen herrscht dagegen ein anderer Ton: Angehende Gamer möchten auch ein großes Stück vom kleinen Kuchen, andere beklagen die zunehmende Kommerzialisierung der Szene, stellen inhaltliche Forderungen an die Let’s Player oder äußern Kritik, wenn etwa diskriminierende Inhalte in den Moderationen auftauchen. 2007 wurde mit dem US-amerikanischen Pioneer Slowbeef die Geburtsstunde des »Let’s Play« ausgerufen, in Deutschland betreiben Menschen unter Pseudonymen seit ungefähr vier Jahren eigene Kanäle. Im internationalen Top-Ranking ist der Schwede PewDiePie bis heute unangefochtener Spitzenreiter − und auch männlichen Geschlechts, wie der überwiegende Teil der Let’s Player.

Warum ist dieses Genre beliebt und wo liegen seine Ursprünge? Kommentiertes Gameplay ist im Prinzip eine mit bewegten Bildern inszenierte Variante von ehemals in Schriftform verfassten Walkthroughs (d. h. Komplettlösungen) von Prosumern. Eine vorhersehbare Entwicklung, denn Computerspiele sind ein digitales Kulturprodukt erster Güte, und das unvoreingenommene Sprechen darüber wurde lange Zeit vernachlässigt − als Entertainment fernab von Medienwirkungstheorien sowieso. Und es ist verständlich, wenn gameaffine Zuschauer dann nach den Formaten greifen, die diese Aspekte auf entsprechend lockere Weise vermitteln können. Wie positioniert sich nun ein SgtRumpel als Repräsentant dieser neuen Berufsgruppe »Spielevermittler« − zwischen sozialer Teilhabe und Kommerzialisierung dessen, was er tut?

Let’s Player sind deshalb Teil einer digitalen Verwertungslogik geworden, weil die Unterhaltungsbranche unabhängig von traditionellen Medien gewinnbringende Strategien über die Förderung subkulturell geprägter Milieus zu etablieren sucht. Fühlen wir uns durch sie besser? Der persönliche Wohlfühlfaktor vieler Let’s Player erlaubt übrigens nur selten korrekte Angaben zum Lebensalter: Während Gronkh seine 37 Jahre gerne mal auf 12 Jahre herunterschraubt, kann man bei SgtRumpel mit Sicherheit behaupten, dass er längst dem Jugendalter seiner Zuschauer entwachsen ist. Waltraud Blischke sprach trotzdem mit ihm über seine Berufung, den Sinn von Gewaltdarstellungen und die Potenziale des kommentierten Gameplay in Zeiten von Social Media.

Ein Gespräch mit dem Let’s Player SgtRumpel von Waltraud Blischke für die >> Testcard 24

am 26.11.2014 erschienen 312 Seiten | 15,00 €(D) ISBN 978-3-931555-23-8

"Wenn man damit Geld verdienen kann, muss das ja salonfähig sein."

W. Blischke: Seit eurer Liveshow in der Lanxess Arena bekommt man den Eindruck, dass ihr den virtuellen Kontakt mit der Community in haptisches Feedback transformieren wollt …

SgtRumpel: Ich glaube, anders würde ich das auch gar nicht machen wollen − es wäre sonst langweilig ohne das …

Was ist mit dem Verlust der Anonymität? Vermisst du nicht dein Leben als Avatar?

Nein. Also früher war es für mich nicht interessant, genau aus dem gleichen Gedanken heraus: dass man im Endeffekt nur ein Spiel präsentiert und es eigentlich nicht um zwischenmenschliche Kontakte geht. Aber ich musste lernen, dass das ganz anders ist, als ich wirklich mit »Let’s Plays« angefangen habe.

Beeinflusst diese Erkenntnis, dass für dich die zwischenmenschliche Komponente bei Computerspielen wichtig ist, auch deine Auswahl? Und gibt es Lieblingsspiele, die diesen sozialen Aspekt besonders gut hervorheben?

Es ist immer interessant zu sehen, wie Spiele ein gewisses Feedback hervorrufen − sei es durch den Inhalt oder durch meine Moderation. Idealerweise durch beides, damit das Feedback noch stärker wird. Das entspricht schon dem gängigen Lehrspruch von Leuten, die regelmäßig in Social Networks und im Internet unterwegs sind und der heißt immer: Interaktion fördern! Also Fragen stellen, damit die Leute kommentieren und natürlich antworten. Man muss sich einbringen, sonst ist es zu unpersönlich. Viele Leute schreiben nur dann eigene Erfahrungen in die Kommentare, wenn sich der Moderator ihnen auf eine bestimmte persönliche Weise öffnet. Das hat man in der Hand. Dann gibt es noch die Ebene des Games selber, bei der das relativ selten vorkommt. Auf jeden Fall aber ruft die Unterhaltungsebene ein Feedback hervor, indem die Leute mitfiebern oder miträtseln. Ein Spiel, das in dieser Hinsicht gut funktioniert, ist etwa Ether One oder auch die »Hidden Object Games«, wo keiner gedacht hätte, dass die als »Let’s Play« funktionieren. Gronkh hat damit irgendwann angefangen und gemerkt, wie viel Spaß die Leute daran haben, die Sachen selbst währenddessen auf dem Bildschirm zu suchen und noch vor ihm zu finden. Die wertvollste Interaktion, die ich bisher erlebt habe, war mit Spielen wie Brothers, wo es um den Verlust von Familienmitgliedern geht, oder z. B. mit Papo y Yo,ein Game, das Alkoholismus thematisiert. Das hat natürlich stark mit den Emotionen der Zuschauer und mit meinen gespielt und will das auch. Es gibt inzwischen einige Spiele, die solche Interaktionen hervorrufen können, also nicht nur eine Clickorgie sind, sondern auch den Geist anregen. Spiele wie diese sind mir eigentlich immer sehr lieb − allerdings muss man klar sehen, dass das nicht die Massenware ist. Das, was i.d.R. gut ankommt, sind nicht unbedingt solche reflektierenden Spiele, die von den Zuschauern und Spielern emotionale Interaktion erfordern, sondern Action und Lustiges. Es geht v.a. um Unterhaltung in »Let’s Plays«.

Warum benutzt du den Untertitel »Stehen Sie bequem« auf deinem Kanal?

Das haben mich schon sehr viele gefragt. Mein Name, den ich per Zufall angenommen habe, SgtRumpel, wirkte so militärisch, und das wollte ich wieder rausnehmen mit diesem Satz. Ich wollte die Leute nicht vor mir salutieren lassen. Ich war Kriegsdienstverweigerer, Zivildienstleistender und bin für militärische Strammstehsachen überhaupt nicht zu haben, deshalb dieser entschärfende Untersatz.

In einer eurer Livesendungen von Let’s Play Together hieß es: »In den Pausen reden wir gerne über weltpolitische Themen, das ist bestimmt schon aufgefallen«. Welche Fragen brennen euch denn derzeit unter den Nägeln und welche Themen erzeugen ein stärkeres Interesse am Dialog?

Als Redakteur bei LPTLive suche ich überwiegend zielgruppenorientierte Inhalte raus, aber es gibt hin und wieder Themen, die ich persönlich so wichtig und interessant finde, dass ich die einflechten möchte. Im Prinzip suche ich eine Verbindung zwischen Bildung und Haltung, was manchmal gelingt. Mich reizt es außerdem, aktuelle Probleme einzubinden, die in der Politik diskutiert werden − und sei es nur, dass wir den Hashtag der Woche auf ein bestimmtes Thema lenken. Teilweise genügt es schon, in Erinnerung zu bringen, dass es dieses Thema gibt − solche Sachen wie der Konflikt in der Ukraine, was wir im Livestream schonmal behandelt haben, die Lage in Nordkorea oder Umweltpolitik, Edward Snowden und die ganze NSA-Affäre. Das kommt natürlich öfters dran, denn sobald etwas mit Medien oder Technologie zu tun hat, ist es leichter in die Sendung zu integrieren. Wir sprechen kurz darüber und v.a. geht es da wieder um Interaktion, wie nimmt die Community das wahr; anschließend wird ein Dialog über Twitter oder auf anderen Portalen provoziert. Generell muss man immer unterscheiden zwischen der Livesendung und den »Let’s Play«-Videos. Wenn ich mit Gronkh und Sarazar in den Videos spiele, geht es fast ausschließlich um Unterhaltung. In anderen Formaten, z. B. wenn ich auf meinem eigenen Channel mit den Spielern Silbernitrat und MadEye Vorschläge aus der Community aufgreife und bespreche, wird es durchaus politischer. In LPTLive hingegen suche ich vorher Themen raus, briefe Gronkh und Sarazar und die Interaktion kommt dann erst in Gang. Gerade bei dem Ukraine-Konflikt hatte ich relativ viele, die mir nach der Sendung geschrieben haben: Das fand ich super, dass du das reingebracht hast. Wobei … man muss immer aufpassen, von wem und wann dieses Feedback kommt. Wenn mir jetzt zehn Leute schreiben: »fand ich total super«, dann sind es vielleicht genau die zehn Leute, die dafür empfänglich sind. Es kann aber sein, dass es 2.000 oder 3.000 Leute gibt, die es eigentlich nicht interessiert, die sich aber dann nicht melden. Insofern muss man immer abwägen, ob ein Thema überhaupt forciert werden kann und muss dann entsprechend abwechseln.

Wird die politische Haltung wichtiger oder soll die Mischung aus Unterhaltung und weiterbildender Gesinnung eine möglichst heterogene Community ansprechen?

Ich glaube »Let’s Play« ist immer noch ein Phänomen von sehr jungen Leuten, d. h. die Zuschauer zeigen mehr Interesse an reiner Unterhaltung. Leute, die politisch engagiert oder interessiert sind, picken sich Angebote individuellen Zuschnitts heraus und schauen dann lieber Kanäle wie LeFloid, die im Endeffekt News aufbereiten und besprechen. Insofern bin ich mit politischen Inhalten, die in einem »Let’s Play« besprochen werden, eher ein Einzelgänger. Die erfolgreichen Channels bieten Entertainment, vielleicht noch persönliche Lebenserfahrung und achten aus finanziellen und viewtechnischen Gründen auf eine homogene Zuschauergemeinde. Bei mir ist die z. B. sehr heterogen. Auf meinem Kanal kommen sehr unterschiedliche Leute mit differenzierten Interessen zusammen und dadurch erhalte ich eben eine geringere Viewzahl pro Video. Spezialisierte Channels hingegen, die sich wie ihre Abonnenten nur einer einzigen Sache, einem bestimmten Spiel oder Comedy widmen, interessieren sich nur für dieses eine Ding. Meine Zuschauer finden oft nur einen Bruchteil meiner Videos spannend, die dafür sehr, deswegen haben sie mich ja abonniert. Auf Channels mit einer homogenen Community schauen die User fast jedes Video, folglich sind die Viewzahlen dann wesentlich höher.

Könnt ihr anhand des Traffics auf euren Seiten verlässliche Angaben machen über geschlechtsspezifisches Verhalten und die Höhe des Frauenanteils?

Es ist ein Stück weit müßig darüber zu philosophieren, obwohl wir es natürlich machen. Aber es ist insofern müßig, weil die Statistik, die etwa von YouTube erbracht wird, in keiner Relation zu dem gefühlten Feedback steht, das man bekommt. Wenn uns YouTube 25 Prozent Frauenanteil sagt, hat man bei den Kommentaren und generell bei Kontaktaufnahmen über Facebook und anderen Social Media eher das Gefühl, dass 80 Prozent weiblich sind. Das hängt wahrscheinlich damit zusammen, dass Frauen kommunikativer sind, sie eher eine Nachricht schreiben und Feedback geben wollen. Es ist eben nicht auszuschließen, dass die Statistiken auf YouTube falsch sind, weil es einfach schwierig ist festzustellen, ob die Angaben und das Surfverhalten der Wahrheit entsprechen. Wir selbst bemerken schon, welche Altersgruppen und Geschlechter auf bestimmte Weise reagieren. Anhand der Kommentare kann man ja durchaus ablesen, ob jemand weiblich und volljährig ist oder eben männlich und noch sehr jung. Auffällig ist, dass Jungs massiv in diesen Nachahmungseffekt kommen. Sie wollen sehr gerne selbst Let’s Player werden, Hilfe und Tipps haben. Solche Sachen hört man von Frauen recht selten. Der überwiegende weibliche Anteil derjenigen, die den Kontakt suchen, wollen uns auch persönlich treffen und am liebsten mit uns shoppen gehen oder was weiß ich …

In der medialen Berichterstattung über Let’s Player fiel des Öfteren schon der Hilfsbegriff »Guerilla-Journalismus«. Ist das eine passende Umschreibung eurer bewussten Abgrenzung zum Fernsehen?

Wir sehen uns schon als Gegenpol zum Fernsehen, keine Frage. Aber Journalismus ist natürlich in dem Bereich von »Let’s Play« nicht unbedingt der richtige Ausdruck. Das wären dann eher solche Formate wie LeFloid. Bei uns würde ich nicht von Journalismus sprechen, auch wenn wir hin und wieder Spiele im »Angespielt«-Format einfach ausprobieren und unsere Einschätzung dazu abgeben. Ein Großteil der Sendungen behandelt die persönliche Wahrnehmung von Spielen, die man gemeinsam durchlebt hat.

Gab es bei deinem Werdegang als Spieler auch Vorbilder, eventuell Pro-Gamer, die dich beeinflusst haben?

Also Profispieler oder Let’s Player gab es nicht. Mir war die Szene nicht mal bewusst, bevor ich angefangen habe, selbst zu »let’s playen«. Natürlich habe ich schon vorher gespielt, aber das hat bei mir vergleichsweise spät angefangen. Ich hatte nie eine Konsole oder ähnliches. Ich habe mit einem 486er angefangen und eines der ersten Spiele war dann tatsächlich Doom. Ansonsten habe ich bei Freunden auf der Super Nintendogezockt − das habe ich schon gerne gemacht. Aber so etwas wie moderiertes Gameplay habe ich mir vorher nie angeguckt.

Die Frage, ob sich die steigende Beliebtheit von »Let’s Play« auf die Beschäftigung mit Games qualitativ und inhaltlich auswirkt, scheint für dich dann irrelevant − ist das Format ein typischer Ausdruck einer bestimmten Generation?

Auf jeden Fall. Aber man muss immer bedenken, dass ich aus einem klassischen Medium komme. Ich habe Film studiert an einer Kunst- und Filmhochschule und bin damit zunächst den traditionellen Weg gegangen, kenne also die entsprechenden Formate. Allerdings habe ich immer meinen eigenen Sturkopf durchgesetzt, was eigene Projekte und Videos angeht. Insofern bietet YouTube als Plattform Möglichkeiten, die es vorher so nicht gegeben hat. Die Reichweite ist wesentlich größer, als wenn ich den traditionellen Weg eines Filmfestivals gehen würde. Aber es gibt natürlich Hardcorespieler und Leute, die in ihrem Skill und in dem, was sie der Welt darbieten können − nämlich Computerspielen − an dieses Format »Let’s Play« eher gebunden sind. Bei mir ist das nicht der Fall, im Gegenteil. Auf meinem Channel war mir immer eine Diversifizierung des Contents wichtig. Deshalb gibt es gelegentlich kleine Reportagen oder Filmessays zu sehen neben persönlichen Statements und meine Kurzfilme kommen irgendwann auch noch hinzu.

Machen Casual-Gamer den Profis das Publikum abspenstig oder existiert das weiterhin parallel?

Das existiert weiterhin parallel und jeder hat seine Zielgruppe, denn es gibt ja Leute, die genau diese Skills beim Gaming erkennen und konsumieren wollen, nichts anderes. Für die ist es dann unerheblich, wenn jemand seine persönlichen Erfahrungen im Bereich Jobsuche oder so preisgibt. Die wollen einfach nur sehen, wie jemand möglichst schnell und skillful durch ein Level hüpft.

Wie weit reicht die Vernetzung mit anderen Let’s Playern, unabhängig von eurer Arbeit − überwiegt dann Kooperation oder Konkurrenz untereinander?

Es gibt beides. Es hängt aber, wie im echten Leben auch … was heißt im echten Leben, das ist natürlich auch das echte Leben. Aber das hängt wie in allen anderen Arbeitsumfeldern genauso davon ab, ob man die Leute irgendwann kennengelernt hat, ob die zum Freundeskreis gehören oder nicht. Unter den größeren Let’s Playern entsteht dann Konkurrenz, wenn ein Spiel neu rauskommt − d. h. alle dieses Spiel auch spielen und launchen. Dann versucht man Zuschauer zu ziehen, was bei kleineren Kanälen wie mir nicht mehr so wichtig ist − auch weil ich diese großen Titel wie Grand Theft Automeist auslasse und aufgrund persönlicher Vorlieben auf andere Sachen gehe, die nicht so häufig gespielt werden. Ich habe dann natürlich den Nachteil, dass mir weniger Leute zuschauen.

Du hast auf deiner eigenen Website die Rubrik »Indiegames« eingerichtet …

Genau. Das war mir immer wichtig. Es geht aber v.a. um Freeware Games. Indiegames habe ich zwar, die spiele ich jedoch als normales »Let’s Play«. Diese eigene Rubrik, die du meinst, sind Freeware Games, die ich seit 2001 angefangen habe zu sammeln. Die wurden jetzt in meine Website integriert. Ich fand es immer toll, wenn Leute Sachen erschaffen und die dann noch kostenlos anbieten, und schade, dass die in der Versenkung verschwinden, weil keine Möglichkeiten der Vermarktung da sind. Also warum nicht solchen Arbeiten eine Plattform bieten.

Und suchen nun mehr Entwickler den Kontakt mit dir?

Die Rubrik für die unbekannten Sachen auf meiner jetzigen Seite existiert ja erst seit wenigen Monaten, insofern kommen die Leute deswegen noch nicht auf mich zu. Ansonsten − klar gibt es Leute, die mich wegen der Sendung anschreiben: Hey, willst du nicht mein Spiel vorstellen oder let’s playen. Ich kann sagen, dass ich doch relativ neutral entscheide, ob mir ein Spiel gefällt oder nicht und überlege anschließend, ob ich es auf meinem Channel veröffentlichen will.

Bleibt noch Zeit zum Diggen nach neuen Spielen?

Auf jeden Fall. Die muss ich mir nehmen, sonst wäre ich wahrscheinlich unglücklich. Ich mache das ausschließlich über das Internet und habe inzwischen meine Seiten und Tricks, die Suchmaschinen so zu missbrauchen, dass sie mir die unbekannteren Titel anzeigen.

Wie weit reichen eure Einblicke in die Spieleindustrie und wie groß ist derzeit die Bereitschaft, unbekannte Spieleentwickler zu pushen?

Ich würde sagen, unsere Einblicke sind gut. Indiegames haben gerade einen Hype und seit geraumer Zeit gibt es kleinere Publisher-Firmen, die auch Indiespiele unter Vertrag nehmen. Wie weit da Gelder hin und her fließen, konnte ich aus persönlicher Erfahrung noch nicht feststellen − ob das wahnsinnig viel ist oder eine Förderung überhaupt stattfindet. Eher liegt es daran, dass Indiegames bei den Zuschauern eine größere Akzeptanz bekommen haben und natürlich in der Herstellung nicht so aufwendig sind wie irgendwelche AAA-Titel. Daher gibt es nun größere Chancen, Zuschauer und Käufer für ein Spiel zu finden, das eben »nur« zweidimensional ist und keine 3D-Models verwendet. Andererseits benutzt man inzwischen verstärkt Middleware, d. h. Software die einem Entwickler hilft, sein Computerspiel zu machen. Diese Programme sind inzwischen sehr mächtig geworden. Sie bieten einem kleinen Team die Möglichkeit, ein Spiel zu kreieren, das wirklich astrein aussieht − da kommt vieles zusammen. Dennoch hat sich in wirtschaftlicher Hinsicht nicht so wahnsinnig viel verändert: Weil es für alle einfacher geworden ist, ihr Spiel zu erstellen, gibt es eben ein vermehrtes Angebot, und letzterer Umstand macht es dem Einzelnen nicht leichter, das Produkt an den Mann zu bringen. Aber was sich geändert hat, sind die Möglichkeiten der Selbstvermarktung; die sind gegeben und spielen, wenn man sich einigermaßen schlau anstellt, eine wichtige Rolle, ob eine Produktion erfolgreich wird oder nicht.

Wann hat man größere Freiheiten bei der Titelwahl?

Es ist immer die Frage, was du dir persönlich als Ziel gesetzt hast. Wenn du viele Views einheimsen und möglichst erfolgreich sein möchtest, dann kannst du es dir teilweise nicht erlauben, bestimmte Titel auszulassen. Die Konkurrenz ist da, und sobald ein großer Channel z. B. Grand Theft Auto 5 nicht spielt, wandern die Leute zu einem anderen ab. Man kann es zwar nicht direkt ablesen, aber man merkt es an der verringerten Viewzahl auf dem eigenen Channel im Vergleich zu anderen. Manche spielen ganz bewusst nur große Titel und wissen sehr wohl, dass z. B. Minecraft immer noch zieht. Die überleben auch nur wegen Minecraft und müssen ihren Lebensunterhalt damit verdienen. Bei mir ist es nun so, dass ich mein Geld nicht mit YouTube verdiene. Ich kann sagen: Na ja, wenn ich diesen Monat nicht soviel Geld mache, ist mir das Wurst, weil die Einkünfte durch YouTube sowieso nicht für die Miete reichen. Ich verdiene mein Geld mit anderen Jobs und dadurch gewinne ich mehr Freiheit. Andererseits erhalte ich nicht die gleiche Aufmerksamkeit, wenn ich bei einem Publisher anrufe und sage: »Übrigens, ich würde gerne Thief 4 von euch haben und das schon vorab veröffentlichen«. Das ist natürlich anders, wenn ein großer Channel ankommt. Dann sind die vielleicht schon selbst hinterher und schicken dir das Spiel, die entsprechenden Gewinnspielsachen und sonstiges Material zu.

Drehen sich deine anderen Jobs auch um Games oder bist du sonst eher filmaffin tätig?

Der eine Job ist LPTLive, der hat natürlich viel mit Computerspielen zu tun. Ansonsten − klar, aber gar nicht mal Film. Da ich ja die Redaktion für die Livesendung mache, geht’s natürlich neben Games auch um Regie, die Kenntnis über Technik und Teamführung, die 3D-Animation und Schnitt. Und dann die anderen Jobs, die teilweise mit reinspielen − Webprogrammierung oder ganz normale Webseiten für Kunden erstellen.

(Und nach der Kundenbetreung erst mal zur Entspannung eine Runde Zombies jagen …) Haben eigentlich »Let’s Plays« zu einer gesellschaftlichen Akzeptanz von Ego-Shootern beigetragen?

Ich denke, es sind andere Entwicklungen in unserer Gesellschaft, die den Ego-Shooter inzwischen nicht mehr so stigmatisieren wie früher. Es hängt auch damit zusammen, dass Computerspiele an sich zu einer Kunstform erhoben wurden und es inzwischen ein paar Experten gibt, die sich mal ein Spiel angeschaut und festgestellt haben: Oh, da gibt es Erzählformen, die so im Bereich Film und Literatur nicht möglich gewesen aber hochinteressant sind und viel auslösen können. Und es gibt Leute, die inzwischen über die Profi-Ligen mitbekommen haben, dass man damit Geld verdienen kann − einer der wichtigsten Ritterschläge. Denn sobald man mit irgendwas Geld verdienen kann, sind dann auf einmal Leute, die davon gar keine Ahnung haben, der Meinung: Wenn man damit Geld verdienen kann, muss das ja salonfähig sein. Natürlich existiert noch eine breite Masse in der Gesellschaft, die mit First-Person-Shootern nichts anfangen kann und darin die Wurzel allen Übels sieht. Aber das wird sich irgendwann endgültig in Luft auflösen.

Aber immerhin kolportieren einige Let’s Player, auch du gemeinsam mit Gronkh und Sarazar, einen neuen Spielergestus. Auf groteske Weise, etwa durch nachlässige Spielweise und absonderliche Kommentare, inszeniert ihr euer Spiel oft als Parodie − auch wenn es ums Töten geht. Damit unterwandert ihr doch das ursprüngliche Konzept von Killerspielen …

Es ist ein schmaler Grad und hängt stark vom Betrachter ab. Leute, die uns kennen, sehen, wie wir Gewaltakte zelebrieren. Das kann man ja auch nicht schönreden, denn das tun wir in dem Moment. Wir spielen auch Spiele, die in Deutschland indiziert sind − aber es sind eben immer noch wir drei und wir stehen mit dem, was wir sonst auf unseren Channels verbreiten und sagen für eine pazifistische, eine friedliche Herangehensweise an Konflikte im realen Leben. Selbst wenn wir Spaß daran haben, irgendwelchen Zombies die Köpfe wegzuschießen, heißt das noch lange nicht, dass wir auf dem Rudolfplatz eine Schlägerei anzetteln wollen.

Gilt dann hier, ähnlich wie im Genrekino, dass es doch einen großen Unterschied macht, ob es sich um ironische Erzählmuster des Horror oder bloße Gewaltdarstellung handelt?

Jein … es gibt gute Horrorfilme, die nicht ironisch sind und wo es auch um Gewalt geht. Gewalt ist ein Element in unserem menschlichen Dasein, das wir nicht komplett der Ironie überlassen dürfen. Es ist ein Bestandteil des Lebens, wird es immer sein und wir sehen es auch tagtäglich. Die Beschäftigung damit ist sogar relativ wichtig ob das jetzt eben in einem Kriegs- oder Horrorfilm geschieht, normale Action ist oder ein Computerspiel − wichtig dabei ist immer nur das Bewusstsein einer Metaebene über dem Ganzen, dass es eine Betrachtung von außen gibt: Was passiert da gerade, was ist real und nicht real. Gerade im Bereich des Jugendschutzes spielt deshalb der Kontext zu Recht eine große Rolle. Generell leistet der Jugendschutz eigentlich eine gute Arbeit, auch wenn man das jetzt vielleicht nicht so häufig von Gamern hört. Meiner Meinung nach ist der Jugendschutz tatsächlich fähig, in vielen Fällen zu unterscheiden, was ist jetzt Gewalt um der Gewalt willen und solche, die dramaturgisch eingebunden ist, die in irgendeiner Form was Gegenteiliges auslöst. Wenn man sich mal den Film anschaut, kann Gewalt ja zweierlei hervorrufen: Den Genuss am Gewaltakt an sich oder eben eine Reaktion, die z. B. Mitleid auslöst. Und Spiele wie Heavy Rain und andere große Titel, die dem Spieler auch gewalttätige Entscheidungen abverlangen, in dem Moment also zu einer Reaktion anregen, halte ich sogar für wertvoll, obwohl es brutal zugeht. Natürlich darf man nicht vergessen, dass manche Spiele dieses Gewaltprinzip als reines Gameplay und Unterhaltungsformat präsentieren − Counter-Strike oder so. Aber hier geht es dem Hardcore-Spieler, der immer so gern herangezogen wird, nicht hauptsächlich darum, dass man Blut spritzen sieht. Das kann im allerersten Moment der Fall sein, weil man zunächst die Grafik mit einbezieht. Später geht es meistens darum, strategisch vorzugehen, im Team zu arbeiten und den Gegner auszuspielen. Da ist der Gewaltakt, das Umbringen lediglich eine taktische Einheit. Es geht nicht wirklich darum, Blut spritzen zu sehen. Natürlich gibt es Spiele, die letzteres sehr zelebrieren − von vorne bis hinten. Meines Erachtens sind das Spiele, die a) nicht besonders erfolgreich und b) auch nicht wirklich interessant sind. Ich würde sie auch nicht spielen wollen, weil das Prinzip so eindimensional ist. Man geht durch einen langen Gang und schnetztelt dann die Gegner ab. Langweilig …

Ergeben sich mit einer älter werdenden Gamerkultur auch andere Spiele?

Wir haben jetzt Entwickler, die aus ganz anderen Umfeldern kommen, aus dem Kunstbereich etwa. Da existieren schon viele Überschneidungen. Die sind weniger für den Casual- oder Hardcore-Gamer interessant, aber es entstehen neue Arten von Spielen und Felder. Vielleicht kommt in einigen Jahren was Massenkompatibleres dabei heraus, das ist vorstellbar. Selbst von Minecraft hätte früher keiner geglaubt, dass es erfolgreich werden könnte − und es ist das erfolgreichste Spiel ever.

Obwohl es ein Indiegame war. Was spielt ihr bei Stromausfall − Domino?

Dann spielen wir Sex.

Ich finde es bemerkenswert, dass im Fahrwasser von »Let’s Play«traditionelle Spielformen wieder attraktiver werden. »Let’s Poker« gibt es ja schon …

Das stimmt. Obwohl es durchaus eine Grenze zum Board Game gibt. Ich habe immer noch das Gefühl, dass beim Brettspiel dann die Nerds unter den Nerds sitzen − zu denen ich mich durchaus dazurechne.

Welche Game-Inhalte sind für Let’s Player in Deutschland generell und für dich persönlich tabu?

Rechtsradikalismus ist tabu − in Deutschland sowieso. Es gibt ja immer wieder Spiele, die das Dritte Reich oder rechtsradikales Gedankengut in irgendeiner Form darbringen. Das kann durchaus problematisch sein, weil manche Spiele gerade nicht die Absicht verfolgen, die wir Deutschen meistens fürchten: nämlich dass rechtsradikales Gedankengut als Propaganda dargestellt wird. Vor einer Weile gab es doch die Diskussionen um das South Park-Spiel The Stick Of Truth, weil dort im Hintergrund Leute mit Hakenkreuzen rumgelaufen sind. Die Symbole mussten alle wegretuschiert werden, das Spiel durfte also auf dem deutschen Markt nicht in seiner Ursprungsform veröffentlicht werden. Warum? Weil der Jugendschutz sagt: In dem Moment, wo wir ein Computerspiel wie Wolfenstein oder The Stick Of Truth haben, können wir als aktive Person diese Hakenkreuze in einem neuen Kontext erscheinen lassen. Nicht so bei Filmen wie Indiana Jones: wenn da Nazis auf der Leinwand herumhüpfen, sind die immer in einem eindeutigen Kontext. Wenn wir als User durch ein Game laufen, könnten wir uns rein theoretisch vor diese Nazis stellen und »Sieg Heil!« spielen − ein Film bietet diese Möglichkeit der Interaktion nicht. Deshalb werden diese Sachen in Deutschland im Bereich Computerspiel sehr schnell verboten, auch wenn sie in einem satirischen Kontext erscheinen. Das ist manchmal schade, aber um uns geht es ja in dem Moment nicht. Es geht um Leute bzw. Zuschauer, die ideologisch nicht so gefestigt sind. Die Bewertung des Jugendschutzes findet ja auf der Ebene Spiel-zu-Spieler statt, nicht Let’s-Player-Video-zu-Zuschauer. Damit wird uns die Entscheidung zum Umgang mit rechtsradikalen Inhalten vom Jugendschutz abgenommen. Natürlich tragen wir als Let’s Player auch Verantwortung dafür, wie wir solche Inhalte rüberbringe und ich zumindest nehme sie ernst. Genau da liegt aber auch der Knackpunkt − ich kann da nur für mich sprechen und nicht für alle Deutschen, die so ein Computerspiel zocken. Insofern kann ich die Verbote nachvollziehen. Aber welches Tabuthema bei mir persönlich … Was meinst du damit?

Sind u. a. Themen wie sexuelle Diskriminierung ein Kriterium für dich − das wäre ja gerade bei Heranwachsenden, die sich noch orientieren, nicht unwichtig …

Stimmt. Also witzigerweise ist z. B. Grand Theft Auto 5 ein Spiel, das für mich immer tabu war − genau aus diesem Grund. Jetzt wo du es ansprichst, ist mir das gerade in Erinnerung gekommen. In diesem Spiel wird eben ein Gangsterleben glorifiziert. Das findet zwar auch in anderen Computerspielen statt, keine Frage. Nur steht da ein dermaßen chauvinistisches Verbrecherbild im Vordergrund, dass deshalb der Gedanke, das zu spielen und zu kommentieren, für mich nicht attraktiv war. Ich weiß, dass es absolute Popkultur ist und der Jugendschutz es ab 18 Jahren zugelassen hat − trotzdem habe ich rein ideologisch mehr Probleme so ein Spiel zu spielen, als ein anderes, in Deutschland indiziertes Spiel.

Kamen die Vorschläge zur Monetarisierung von euch, weil ihr als Spieler über die entsprechenden strategischen Skills verfügt, oder ist man von außen an euch herangetreten?

Das ist nicht immer unbedingt auf unseren Mist gewachsen … Zu LPTLive bin ich als Aushilfskameramann gekommen und war dann irgendwann der Regisseur. Ich habe mich da nicht beworben und es war ursprünglich nie meine Intention, mal Regisseur einer Webshow zu werden. In der Beschäftigung mit bestimmten Strategiespielen erlernt man eher kognitive Fähigkeiten, v.a. Multitasking. Das sind, wie man im Computerjargon sagen würde, »passive Skills«, die sich auf alles Mögliche auswirken, aber jetzt nicht im direkten Zusammenhang mit einer konkreten Idee stehen.

Die Medienkonzerne wollten sich also ihren Marktanteil am Video on Demand sichern, indem sie über die »Let’s Plays« ihren Einfluss erweitern …

Klar. Das ist eindeutig deren Ziel.

Könnt ihr damit gut umgehen?

Mich betrifft das nicht so, ich bin ja nicht der große Let’s Player. Ich kann da nur von meinen Kollegen Gronkh und Sarazar sprechen, und die ticken im Endeffekt genauso wie ich. Wir sind generell offen für alles, aber wir hinterfragen schon recht kritisch und genehmigen uns dabei den Luxus, moralische Entscheidungen zu treffen, die einem finanziellen Erfolg entgegenstehen.

Gerät man sonst in die Rolle eines schnöden Verkäufers für Consumer Electronics?

Genau. Das ist natürlich das absolute Horrorszenario. Denn es geht ebenso um Authentizität auf den Channels und bei uns als Personen. Die Marken Gronkh, Sarazarund SgtRumpel stehen natürlich für irgendwas. Wenn wir dann im Dschungelcamp auftauchten, würde dies unsere Marken in eine Richtung ändern, die wir nicht gut finden würden.

Stände das zur Debatte, wenn YouTubekostenpflichtig wäre und die Fans folglich ausblieben? Die Gefahr besteht ja. Nehmen wir an, Googlebehauptet weiterhin, dass YouTubenicht genug Geld einfährt …

Das glaube ich nicht.

Berechtigte Frage. Angeblich machen sie Minus …

Sagen sie. Das macht doch jedes Unternehmen so. Jedes große Unternehmen sagt, es schreibt Verluste, und dabei geht es dem Unternehmen wirklich gut, weil sie dann doch irgendwie 50 Millionen irgendwo abgeschrieben haben, was sie eigentlich nicht machen müssten. Das sagen sie nur, um ihre Steuern senken zu können. Das glaube ich keinen Moment.

Trotzdem: Was würdet ihr machen, wenn der Zugang kostenpflichtig wäre?

Ich glaube, dass viele Let’s Player, und auch wir drei, auf ein anderes Videoportal ausweichen würden.

Oder doch ins Öffentlich-Rechtliche?

Nein! Auf gar keinen Fall! Das ist ja das Problem und der Knackpunkt in der Zusammenarbeit mit größeren Konzernen, seien es andere Fernsehanstalten oder Publisher: Es geht immer darum sich die Freiheit zu erhalten, bestimmte Entscheidungen und Meinungen öffentlich preiszugeben. Wenn man das nicht mehr könnte − und in einem öffentlich-rechtlichen Umfeld wäre das so − dann sehe ich nicht mehr so richtig den Sinn von dem Ganzen. Dann könnte ich auch irgendwas anderes machen. ⊗

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